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Berlin: Land und Bezirke wollen sich für die Schwachen stark machen

Nach den schlechten Noten im Sozialatlas überlegen Politiker, wie sich die Lage in den Problemkiezen verbessern lässt – zum Beispiel bei der Gesundheitsvorsorge

Der Berliner Senat rückt enger zusammen, um der im aktuellen Sozialatlas registrierten zunehmenden Verslumung der Hauptstadt zu begegnen. Am 27. Mai wollen sich die Staatssekretäre fast aller Senatsressorts treffen, um über eine bessere Zusammenarbeit zu beraten. Denn das war bisher nicht immer der Fall, nach Expertenmeinung einer der Gründe dafür, dass sich der Berliner Sozialindex in den vergangenen fünf Jahren kontinuierlich verschlechterte.

Auf einige Faktoren, die den Sozialindex bestimmen, haben Land und Bezirke nur wenig Einfluss. Zum Beispiel auf die Arbeitslosenquote. Doch selbst hier ließe sich etwas ändern. Zwar werden nur selten ABM-Kräfte für die Verbesserung des Wohnumfeldes in den sozialen Brennpunkten auch von dort rekrutiert, denn: „Es gibt es wichtigere Kriterien für die Zuweisung von ABM-Kräften als den Wohnort“, sagt Thorsten Mehler von der Regionaldirektion Berlin-Brandenburg der Bundesagentur für Arbeit. Zum Beispiel deren Qualifikation. Aber auch, wenn die Arbeitsagenturen nicht weisungsgebunden seien, könne man „Wünsche äußern“.

Ein anderes Kriterium ist die vorzeitige Sterblichkeit, das heißt vor dem 65. Lebensjahr. In Berlin sterben jährlich rund 4000 Menschen an vermeidbaren Krankheiten, wie Alkoholmissbrauch oder Nikotinsucht. Durch gesundheitliche Prävention wären 80 Prozent dieser Todesfälle zu verhindern, was die statistische Lebenserwartung um durchschnittlich 2,1 Jahre für Männer und 1,3 Jahre für Frauen erhöhte und damit den Sozialindex verbesserte. Doch viele Behörden mischen hier mit: zum Beispiel die Sozialverwaltung, der öffentliche Gesundheitsdienst in den Bezirken oder die Krankenkassen. Würden die ihre Anstrengungen bündeln, wäre viel gewonnen, sagen Experten. Doch noch arbeiteten die Beteiligten zu oft nebeneinander her, statt miteinander.

Großen Einfluss haben die Berliner Verwaltungen auch auf die Abwanderung von einkommensstarken und jungen Familien aus den sozial schwachen Gebieten, zum Beispiel durch die Verbesserung des Wohnumfeldes und einer stärkeren Beteiligung der Anwohner an den Planungen. Doch die Zusammenarbeit der über ganz Berlin verteilten Stadtteilzentren, die von der Sozialverwaltung finanziert werden, und der schwerpunktmäßig eingerichteten Quartiersmanager, die die Stadtentwicklungsverwaltung bezahlt, ist „noch verbesserungswürdig“, sagt Roswitha Steinbrenner, Sprecherin der Sozialverwaltung.

Auch die Schulverwaltung hat auf den neuen Sozialatlas reagiert. Die Standorte der neuen Gesamtschulen habe man nach den aktuellen Daten der Sozialstatistiker ausgewählt, sagt Anne Rühle, Sprecherin der Schulverwaltung. Denn gerade in den sozialen Brennpunkten will man durch die Ganztagsbetreuung den Bildungsstand und auch die Sprachkenntnisse der Kinder und Jugendlichen verbessern – auch das ist ein wesentlicher Faktor des Sozialindexes.

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