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Nicht nur im Käfig: Immer mehr Ratten flitzen frei herum.

© picture alliance / dpa

Landesamt für Gesundheit und Soziales: Rattenplage in Berlin wird immer schlimmer

In Tegel-Süd wurde in einigen Wohnblocks das Problem mit den Ratten verschleppt. Doch auch anderswo hat die Rattenplage enorm zugenommen.

Ratten im Haus sind der Albtraum eines jeden Mieters. In einigen Wohnblocks der städtischen Wohnungsbaugesellschaft Gewobag an der Neheimer Straße in Tegel-Süd ist die Rattenplage so schlimm wie seit Jahren nicht mehr. Obwohl Mieter frühzeitig warnten, sei das Problem verschleppt worden, sagt der Bezirksverordnete Felix Schönebeck. Die Population sei enorm gewachsen, Müllplätze würden untergraben, überall gebe es Rattenlöcher. „Schockierende Zustände“, findet Schönebeck, der auch Mitglied im Gesundheitsausschuss ist.

Auch in anderen Bezirken gibt es Probleme mit den Nagern. So meldet das Landesamt für Gesundheit und Soziales, dass die Bekämpfungsmaßnahmen in den letzten Jahren enorm gestiegen sind. Waren es im Jahr 2013 noch insgesamt 6368 gemeldete Einsatzfälle, stieg die Zahl im Jahr 2017 auf 10.022 Fälle.

Auch Spielplätze und Parks betroffen

Die höchsten Zahlen der Bekämpfungsmaßnahmen hat der Bezirk Marzahn-Hellersdorf - mit mehr als 1800 Fällen im Jahr 2017. Im Vergleich zum Jahr 2013 ist das eine Steigerung um mehr als 75 Prozent. Auch Innenstadtbezirke wie Friedrichshain-Kreuzberg und Mitte haben mit den Nagern zu kämpfen. So waren im letzten September vier Spielplätze in Mitte so stark befallen, dass sie für mehrere Wochen gesperrt werden mussten. Der Stephansplatz in Moabit, der Otto-Spielplatz sowie der Zille-Spielplatz waren nicht betretbar. Auch der „Immergrüne Garten“ am Luisenstädtischen Kanal war betroffen. Die Bezirke setzen regelmäßig Rattengift und Köder ein, dennoch bleibt der Befall hoch – die Gründe: zunehmende Resistenzen gegen herkömmliche Gifte und das sorglose Wegwerfen von Essensresten.

Laut Ulrich Still vom Schädlingsbekämpfungsverband Berlin-Brandenburg finden Ratten in Berlin ideale Lebensbedingungen, allein schon wegen der vielen Kanäle und dem hohen Grundwasserspiegel. Stillgelegte Rohr- und Tunnelsysteme aus der Weltkriegszeit sind beliebte Rückzugsräume. Besonders Wanderratten (lat. rattus norvegicus), die am häufigsten vorkommende Rattenart neben der Hausratte, fühlen sich in den feuchten Gängen wohl. Wanderratten sind im Alter von drei Monaten geschlechtsreif. Bei vier bis sieben Würfen im Jahr mit jeweils acht bis zwölf Jungtieren kann die Population exponentiell ansteigen.

Wie im 15. Jahrhundert – damals waren Ratten als Wirtstiere für Rattenflöhe verantwortlich für die Verbreitung der Pest – geht auch heute eine Gesundheitsgefahr von ihnen aus. Ratten übertragen Viren, Bakterien oder Pilze. Die Krankheitserreger vermehren sich in der Kanalisation und werden durch die wandernden Ratten verbreitet. Wer in Kontakt mit Kot und Urin der Tiere kommt, kann sich schnell anstecken. Besondere Vorsicht ist auf Spielplätzen geboten. In Tegel scheint das Problem so schnell nicht beseitigt werden zu können. Die Gewobag kündigte zwar auf Nachfrage an, Hecken zu beschneiden und die Müllplätze zu betonieren, um so den Tunnelbau rund um die Container zu beseitigen. Man sei „in der Abstimmung mit Spezialisten über weitere Möglichkeiten, um den Rattenbefall langfristig zu beenden“, so die Gewobag. Eine Ortsbegehung mit allen Beteiligten verlief aus Sicht des Mieterbeirats jedoch zunächst „ernüchternd“.

Fabian Schmidinger

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