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Finanzsenator Ulrich Nußbaum hat gut lachen: Auf den ersten Blick sieht beim Doppelhaushalt für 2014 und 2015 alles gut aus.

© dpa

Landeshaushalt soll verabschiedet werden: Das 1,9-Milliarden-Euro-Schnäppchen

Weil die Zinsen so niedrig sind, ist der Schuldendienst für Berlin günstig wie selten. Das half bei der Aufstellung des Haushalts, der nun verabschiedet werden soll – doch es gibt auch Risiken.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Wenn das Abgeordnetenhaus am Donnerstag den neuen Haushalt für 2014/15 beschließt, sieht auf den ersten Blick alles gut aus. Die Kostenexplosion beim Flughafen und sinkende Einnahmen wegen des Zensus werden locker weggesteckt. Noch vor zehn Jahren stand Berlin fast vor der Pleite. Seit letztem Jahr schreibt die Hauptstadt schwarze Zahlen und das dürfte vorläufig so bleiben. Bis 2018 kann Berlin voraussichtlich bis zu zwei Milliarden Euro Schulden abbauen.

Voraussetzung ist, dass die wirtschaftliche Schönwetterlage anhält. Momentan spricht nichts dagegen, und wenn der Trend anhält, dass das Wirtschaftswachstum in Berlin über dem Bundesdurchschnitt liegt, kann sich die Stadt auf längere Sicht endlich vom Tropf des Bundes und der reichen Länder lösen. Dann wäre es auch verkraftbar, wenn Berlin mit der Reform des Länderfinanzausgleichs ab 2020 weniger Geld als bisher bekommt. Eine halbe Milliarde Euro weniger pro Jahr sollten keine Schmerzen bereiten. Dann wäre immer noch ein ausgeglichener Haushalt machbar. Und wenn der Bund einen Teil der Altschulden übernähme – sagen wir mal, die Hälfte –, könnte Berlin auf eine weitere Milliarde Euro jährlich verzichten, ohne in Not zu geraten. Denn diese Summe würde bei den Zinsen gespart.

Berliner Finanzverwaltung warnt vor zu viel Ausgaben

Dies alles ginge natürlich nur mit einer strengen Ausgabendisziplin. In einem Bericht ans Abgeordnetenhaus warnt die Finanzverwaltung ausdrücklich vor politischem Leichtsinn im Umgang mit den öffentlichen Geldern. Denn die Überschüsse, die jetzt im Landeshaushalt erwirtschaftet würden, könnten auch wieder „schnell und gründlich schrumpfen“. Alles steht und fällt mit einer soliden Konjunktur und den damit verbundenen Steuereinnahmen. Für den Senat wäre es auch schön, wenn die Zinsen weiter so niedrig blieben. Für die Schulden von über 61 Milliarden Euro zahlt Berlin im laufenden Jahr 1,9 Milliarden Euro Zinsen – eine enorme Summe und trotzdem vergleichsweise wenig. So wenig wie zuletzt 1999, als die Stadt lediglich auf 35 Milliarden Euro Schulden saß, aber viel höhere Kreditzinsen zahlen musste. So gesehen, profitiert das hoch verschuldete Berlin von einem finanzhistorischen Glücksfall.

Berlin investiert kaum in öffentliche Infrastruktur

Zur komfortablen Haushaltslage, auf die SPD und CDU nach der Verabschiedung des Haushalts am Donnerstag mit einem Prosecco anstoßen wollen, tragen aber auch die niedrigen Investitionsausgaben bei: 1,3 Milliarden Euro im laufenden Jahr. Das sind knapp sechs Prozent der Gesamtausgaben des Haushalts, der Anteil wird in den nächsten Jahren nicht steigen. Im Jahr 2000 waren es mehr als zehn Prozent, in den ersten Jahren nach dem Mauerfall sogar noch mehr. Das Ergebnis dieses Sparens sind marode Schulen, Straßen und andere öffentliche Bauten. Der Substanzverlust des Landesvermögens schreitet schneller voran als die Sanierung und Modernisierung der Infrastruktur.

Ein dauerhaftes Risiko bleiben auch die Sozialausgaben. Die ständig steigenden Ausgaben für die Grundsicherung im Alter (2013 in Berlin 415 Millionen Euro) übernimmt ab 2014 glücklicherweise komplett der Bund. Auch an den Eingliederungshilfen für Behinderte (2013 rund 700 Millionen Euro), die ebenfalls bedrohlich wachsen, will sich der Bund künftig zu einem Drittel beteiligen. Ohne solche Entlastungen bei den Sozialausgaben würde Berlin immer noch rote Zahlen schreiben. Bei den Hilfen zur Erziehung muss sich der Senat aber selbst etwas ausdenken, um die Ausgaben zu dämpfen, die im laufenden Jahr 445 Millionen Euro betragen. 38 Millionen Euro mehr als geplant – eine Rekordsumme. So viel Geld wurde zuletzt 2002 für die Hilfen zur Erziehung ausgegeben.

Das größte Risiko für Berlins Finanzen ist der BER

Ein Finanzrisiko bleibt der Großflughafen BER. Möglicherweise muss der Miteigentümer Berlin ab 2016 noch einmal 300 bis 400 Millionen Euro zuschießen, damit nach der Eröffnung alle Rechnungen beglichen werden können. Ansonsten kann Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos, für SPD) mit den Bilanzen der öffentlichen Betriebe ganz zufrieden sein. Einige Unternehmen führen sogar Gewinne, Dividenden oder Kapitalanteile an den Landeshaushalt ab – jährlich über 100 Millionen Euro. Dazu gehören die Wasserbetriebe, die Investitionsbank Berlin, Stadtgüter, Großmarkt, Energieagentur und gelegentlich eine städtische Wohnungsbaugesellschaft. Außerdem fließen jedes Jahr über 100 Millionen Euro aus dem Verkauf landeseigener Immobilien in die öffentliche Kasse – trotz einer neuen Liegenschaftspolitik, die sich nicht mehr nur an der finanziell bestmöglichen Verwertung von Grundstücken orientiert.

Im neuen Doppelhaushalt mit einem Volumen von rund 23,5 Milliarden Euro haben SPD und CDU ein paar neue Akzente gesetzt, etwa die Förderung des Wohnungsneubaus, mehr Geld für die Spielplatzsanierung, Brennpunktschulen, bezirkliche Musikschulen und die Einstein-Stiftung. Der polizeiliche Objektschutz und die Staatsanwaltschaft werden personell verstärkt – und der Tierpark kann einen Streichelzoo bauen.

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