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Abgeordnetenhaus: Pro Reli: Mehrheit für schnelle Abstimmung

Die Opposition scheitert mit ihrem Antrag, den Volksentscheid bei der Europawahl am 7. Juni abzuhalten. Der Regierende Bürgermeister Wowereit plädiert erneut für eine zügige Abstimmung.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Das Abgeordnetenhaus hat sich am Donnerstag mit den Stimmen von SPD, Linken und Grünen für einen gemeinsamen, verpflichtenden Ethikunterricht an den Berliner Schulen ausgesprochen. Anträge der Opposition, den Volksentscheid zu Pro Reli mit der Europawahl am 7. Juni zusammenzulegen, fanden keine Mehrheit. Die Koalitionsfraktionen SPD und Linke waren dagegen, und der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) plädierte in einer Aktuellen Stunde des Landesparlaments erneut für eine zügige Abstimmung.

Gesetzlich sei es die Regel, nach einem erfolgreichen Volksbegehren binnen vier Monaten einen Volksentscheid durchzuführen, begründete Wowereit dies. Die Koppelung an einen Wahltermin sei nur die Ausnahme. Zur Forderung von Pro Reli für einen Religionsunterricht als ordentlichem Schulfach sagte Wowereit: Der Senat sei stolz auf die erfolgreiche Einführung des Pflichtfachs Ethik an den Berliner Schulen. „Es ist doch wunderbar, dass sich dort Schüler aller Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften gemeinsam einbringen können.“ Das sei ein Fortschritt, sagte der Regierende Bürgermeister. „Ich würde mir wünschen, dass andere Bundesländer unser Modell übernehmen.“ Er lasse sich auch nicht in die „Ecke des Kirchenfeinds“ stellen. In Berlin wolle niemand den Religionsunterricht behindern oder abschaffen, und der Senat sei ein verlässlicher Partner der Kirchen.

Der CDU-Fraktionschef Frank Henkel hielt dem Regierenden Bürgermeister entgegen, dass er sich in Sachen Pro Reli gegen die Spitze der eigenen Bundespartei und gegen die Mehrheit der SPD-Wähler stelle. Der Senat lege es auf einen Kampf gegen die Kirchen an, am Bürgerwillen sei er nicht interessiert. „Dafür werden Sie noch die Quittung bekommen“, sagte Henkel. Die Argumente von SPD und Linken gegen eine Zusammenlegung des Volksentscheids mit der Europawahl seien fadenscheinig. Die Regierung verfolge nur das Ziel einer niedrigen Beteiligung an der Abstimmung, weil sie die Meinung der Bürger fürchte.

Auch nach Meinung des FDP-Fraktionschefs Martin Lindner gibt es keinen sachlich begründbaren Zwang, den Volksentscheid vor der EU-Parlamentswahl stattfinden zu lassen. Die SPD bleibe in der „Rolle des Täuschens und Belügens“. Gleichzeitig räumte Lindner ein, dass man im Streit um den Religionsunterrichts die Dinge auch anders als Pro Reli sehen könne. Die Haltung der Koalition sei weder illiberal noch unanständig oder indiskutabel. Aus FDP-Sicht gehe es in erster Linie um die Freiheit und Mündigkeit der Bürger. Schüler bräuchten bei der Wertevermittlung nicht zwangsläufig staatliche Hilfe und Orientierung.

Die Vorsitzende der Linksfraktion, Carola Bluhm, plädierte für eine sachliche öffentliche Debatte zum Ethik- und Religionsunterricht. Ebenso wie der SPD-Fraktionschef Michael Müller kritisierte Bluhm den Slogan von Pro Reli heftig, dass es „keine Werte ohne Gott“ gebe. Dies sei intolerant und habe viele Menschen verärgert, irritiert und verletzt. Auch der Grünen-Fraktionschef Volker Ratzmann riet den Kirchen, die Diskussion „nicht anzuheizen“. In einer multikulturellen und multireligiösen Stadt wie Berlin sei es zwingend nötig, dass alle Schüler gemeinsam über ethische Grundsatzfragen diskutierten. Der Ethikunterricht dürfe sich natürlich nicht als „unreligiöse Alternative“ zum Religionsunterricht präsentieren, sagte Ratzmann. Aber das tue er auch nicht. „Wir brauchen den gemeinsamen Unterricht und dafür werden auch die Grünen streiten.“ Ulrich Zawatka-Gerlach

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