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Auf den Hund gekommen: Wie ein AL-Abgeordneter 1981 das Parlament unterhalten wollte

Mit der Alternativen Liste zog eine neue Debattenkultur ins Parlament ein. Wir dokumentieren Auszüge einer Rede des AL-Abgeordneten Martin Jänicke vom 8 Oktober 1981 über Hundesteuer-Richtlinien.

„Herr Präsident! Meine Kollegen von der FDP! Nachdem Sie in der letzten Sitzung dieses Hohe Haus mit der Taubenfrage beschäftigt haben, sind Sie nunmehr auf den Hund gekommen. Da sage noch jemand, die Berliner FDP sei überflüssig geworden. Ihrer taubenfreundlichen Haltung steht eine strenge und ordnungspolitisch orientierte Haltung den Hunden gegenüber. Das ist widersprüchlich. Was ihre taubenfreundliche Haltung betrifft, da kann ich nur sagen: Prima, dass Sie so menschenfreundlich zu Tauben sind. Wenn Sie das nun auch noch gegenüber den Menschen sind (...), dann haben Sie keine Schwierigkeiten mehr mit Ihrer Basis. Aber Sie sind eben inkonsequent, und das sind Sie auch im Verhältnis von Tauben und Hunden. Sie behandeln diese Frage nach der Devise: Taubendreck ja, Hundedreck nein. Die ganze Zerrissenheit der Berliner FDP kommt in diesem Widerspruch zum Ausdruck. (...)

Sehen Sie, das Problem ist eben, Tauben sind umstritten, die Hunde sind es auch. Ich persönlich bin für Katzen, aber die sind auch umstritten, wegen der Singvögel. Wirklich unumstritten ist nur der Igel, und zwar nicht nur bei der AL. Schon Friedrich Nietzsche stellt in seinem Werk Ecce homo in einer Kritik der deutschen Großstadt, von der er sagt, sie sei ein gebautes Laster, wo nichts wachse, die Frage, ich zitiere: Müsste ich nicht darüber zum Igel werden? Meine Damen und Herren von der FDP, wenn nun demnächst in Tegel so viele Bäume gefällt werden (an denen sich vielleicht auch Hunde erfreut haben), dann sollten Sie sich das durch den Kopf gehen lassen und mit Friedrich Nietzsche sich die Frage stellen: Müßte ich nicht darüber zum Igel werden?

Ich komme nun also zum Thema Hundesteuer. Als Katzenfreund könnte ich diese Position so umschreiben: Wenn Hunde nicht so sauber und so leise sind wie Katzen, muss die ganze Strenge des Verursacherprinzips des Umweltschutzes bis in alle fiskalischen Konsequenzen hinein auf sie angewandt werden. Freilich, dagegen spricht etwas, was Mehrheitsmeinung der AL-Fraktion ist: Es ist nicht die Schuld der Hunde, dass sie (...) insbesondere in West-Berlin immer mehr die Rolle des Mitmenschen übernommen haben, dass also auch die zwischenmenschlichen Beziehungen so sehr auf den Hund gekommen sind. Aber weil das so ist, hat auch die Ordnungsfunktion der Hundesteuer keinen Wert mehr. Wer die Staatsfinanzen sanieren will, weil auch die auf den Hund gekommen sind, der halte sich besser nicht an die Hundebesitzer, sondern an das, was angelsächsisch ,Topdogs‘ (Spitzenhunde) genannt wird. Bei den topdogs, im Gegensatz zu den Underdogs, (...) ist steuerlich bekanntermaßen allerlei zu holen. Packen wir es doch endlich einmal an!“ sib

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