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Berliner Haushalt: Drei, zwei, eins – das Angebot war keins

Die Grünen wollten das Kreuzberger Rathaus im internet versteigern. Ein Spaß als Protest gegen Finanzsenator Sarrazin. Nicht jeder fand den "Nonsens" lustig.

Ein Schnäppchen war gestern beim Internet-Auktionshaus Ebay im Angebot: Das Rathaus Kreuzberg an der Yorckstraße mit 584 Büros, repräsentativen Tagungsräumen, dem Saal der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) und einer „Panorama-Kantine“ unterm Dach. Mindestgebot: sieben Millionen Euro.

Das ist nicht etwa der tatsächliche Wert der landeseigenen Immobilie, sondern ungefähr die Summe, die dem Bezirksamt in seinen Haushalten der kommenden Jahre fehlt. Weil es sich also um einen Fantasiebetrag handelt, steckt hinter dem Angebot auch keine wirkliche Versteigerung, sondern nichts anderes als ein Späßchen der BVV-Fraktion der Grünen, die mit der Aktion auf die angespannte Finanzlage des Bezirks hinweisen möchte.

Die Fraktionsvorsitzende Tine Hauser-Jabs erklärt auf Anfrage, dass mit einem Hinweis unter dem Foto des Internetangebots klargestellt sei, dass es sich nicht um eine reale Auktion, sondern um einen Protest der „Spaß-Guerilla“ handele: „Tatsächlich ist uns das Rathaus lieb und teuer. Wir hätten die Millionen lieber von Finanzsenator Thilo Sarrazin.“ Auf die Frage, was das Rathaus ungefähr wert sei, antwortet die Politikerin: „Ach, da fragen sie mich zu viel.“

Während Bezirksbürgermeister Franz Schulz (Grüne) darin eine „witzige Aktion“ sieht, „um auf die prekäre Finanzsituation des Bezirks hinzuweisen“, findet die Finanzverwaltung das gar nicht lustig und kommentiert sie als Nonsens. „Wenn das Bezirksamt und die BVV mit den Globalsummen nicht in der Lage ist, einen Haushalt aufzustellen, kommen sie ihren verfassungsgemäßen Pflichten nicht nach“, sagt die Sprecherin der Finanzverwaltung, Kristina Tschenett. Außerdem verstehe sie die ganze Aufregung nicht: „Dem Bezirk stehen im kommenden Jahr 32 Millionen Euro mehr zur Verfügung als 2007. Zudem verfügt er über Rücklagen in Höhe von rund elf Millionen Euro.“ Einen Grund zum Klagen sehe die Finanzverwaltung also nicht.

Das wiederum sieht Finanzstadträtin Sigrid Klebba, wie Sarrazin von der SPD, ganz anders. „Die Rücklagen haben wir bereits in diesem Jahr fast vollständig aufbrauchen müssen, um einen ausgeglichenen Haushalt aufzustellen“, sagt sie. Für 2008 sei dieses Ziel bislang nicht erreichbar: „Wir haben 3,5 Millionen als pauschale Summe eingestellt, von denen wir nicht wissen, woher wir sie nehmen sollen.“ Dass sie insgesamt mehr zur Verfügung hat, beruhigt sie nicht: „In den letzten Jahren hatten wir nicht genügend Geld, um unsere Pflichtausgaben zu bezahlen.“ Klebba meint damit vor allem die gesetzlich festgelegten Sozialleistungen.

Die Aktion der Grünen findet die Stadträtin dennoch „wenig konstruktiv“. So sah das auch Ebay und nahm das Angebot am späten Nachmittag aus dem Programm. Matthias Oloew

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