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Landesparteitag

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Berliner Landesparteitag: SPD legt härtere Gangart bei Schulschwänzern ein

Beim Landesparteitag der Berliner SPD hat sich eine Mehrheit für ein verstärktes Vorgehen gegen Schulschwänzer ausgesprochen. Der Antrag der Neuköllner SPD war zuvor jedoch entschärft worden.

Die Berliner SPD hat ein verstärktes Vorgehen gegen Schulschwänzer beschlossen. Auf dem Landesparteitag in Berlin stimmte die große Mehrheit der rund 220 Delegierten am Samstag für einen solchen Antrag der Neuköllner SPD, der zuvor noch entschärft worden war. Das Papier sieht ein Landesprogramm zur Durchsetzung der Schulpflicht vor. In dem Antrag ursprünglich geforderte repressive Maßnahmen wurden zur Beratung in die zuständigen Fachausschüsse des Abgeordnetenhauses verwiesen. Das Ergebnis soll zum nächsten Parteitag Ende April 2009 vorliegen.

Die Bildungsexpertin der SPD-Fraktion, Felicitas Tesch, sagte, "wir müssen mit Prävention und nicht mit Repression vorgehen". In dem geänderten Antrag werden deutlich verbesserte Angebote, aber auch Maßnahmen zur Durchsetzung der Schulpflicht gefordert.

Die Neuköllner SPD hatte sich ursprünglich unter anderem dafür ausgesprochen, dass fünfmaliges Schwänzen pro Halbjahr zwingend zu Schulversäumnisanzeigen führen soll. Auch war vorgesehen, Familien das Sorgerecht zu entziehen, wenn Kinder durch Schulverweigerung und Straftaten Gefahr laufen, Serientäter zu werden. Über diese Repressionen sollen nur die Fachausschüsse Inneres, Bildung, und Jugend beraten.

Buschkowsky: Schulpflicht ist "ursozialdemokratischer Auftrag"

Der Neuköllner Bürgermeister Heinz Buschkowsky sagte, die Gesellschaft erzwinge jeden Tag mit Bußgeldern rechtskonformes Verhalten etwa mit der Gurtpflicht. Wenn es um Kinder gehe, solle dies auf einmal nicht mehr angezeigt sein. Buschkowsky fügte hinzu, es sei ein "ursozialdemokratischer Auftrag" sich darum zu kümmern, dass die Kinder zu Schule kommen.

Auf dem Landesparteitag attackierte die SPD zum Auftakt ihres Europawahlkampfes 2009 außerdem die Union auf Bundes- und Landesebene scharf. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) habe nicht begriffen, was sich bei der Finanzkrise "international abspielt", sagte der SPD-Landes- und Fraktionschef Michael Müller am Samstag auf einem Landesparteitag in Berlin. Müller und der Vorsitzende der sozialistischen Fraktion im Europäischen Parlament, Martin Schulz, forderten angesichts der globalen Finanzkrise mehr Transparenz und Regulierung. Auch will die Partei stärkere sozialdemokratische Akzente in der Europäischen Union (EU) setzen.

Schulz sagte mit Blick auf die globalen Finanzkrise, was jetzt passiere, sei auch eine "Bankrotterklärung einer ökonomischen Ideologie". "Der Kasinokapitalismus, in dem nur noch das schnelle Geld und hohe Profite zählen, muss ein für alle Mal in die Schranken gewiesen werden", fügte Schulz hinzu. Er sprach sich neben einer Begrenzung der Managergehälter auch für deren Entkoppelung von kurzfristigen Gewinnen aus. Auch forderte der SPD-Politiker ein Verbot von bestimmten Spekulationsarten etwa auf Lebensmittel: "Wenn der Hunger der einen, der Gewinn der anderen ist, so ist dies pervers."

Wahl Henkels zum neuen CDU-Chef "Bankrotterklärung"

Zur Krise in der Finanzwirtschaft sagte Müller, es habe offensichtlich über Jahre eine ungesteuerte Entwicklung gegeben, auf die niemand Einfluss genommen habe. Diese "kranke Entwicklung" mache deutlich, dass es verbindliche und internationale Regeln auf dem Finanzmarkt geben müsse.

Müller forderte zugleich, sozialdemokratische Positionen auf Bundesebene deutlicher zu formulieren. "Die Samthandschuhe gegenüber dem Koalitionspartner müssen endlich weg", sagte er. Durchgesetzt werden sollte unter anderen die Einführung eines Mindestlohns.

Zur Wahl von Frank Henkel zum neuen Landeschef der Berliner CDU sagte der SPD-Landeschef, dies sei keine "Erneuerung, sondern eine Bankrotterklärung". Henkel sei als Kreisvorsitzender nicht "die Lösung, sondern Teil des Problems". Dies zeige sich auch daran, dass er vom einstigen CDU-Fraktionschef Klaus Landowsky zur Übernahme des Amtes überredet worden sei.

Antrag "Für ein soziales Europa" einstimmig verabschiedet

Die 223 Delegierten verabschiedeten am Mittag einstimmig einen Antrag des Landesvorstands mit dem Titel "Für ein soziales Europa". Darin tritt die SPD für die Entwicklung einer "sozialen Dimension" in der EU ein. Armut und wachsende soziale Ungleichheit, der expandierende Niedriglohnsektor und die prekären Arbeitsverhältnisse müssten auch im europäischen Binnenmarkt stärker bekämpft werden, hieß es.

Der SPD-Vize-Landesvorsitzende Christian Hanke sagte, diese "soziale Dimension" müsse von Mindestlöhnen bis hin zu Maßnahmen reichen, um europaweit gleiche Lebensstandards zu erreichen und Armutsmigration zu verhindern. (ut/ddp)

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