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Berliner Senat: Rot-roter Dauerzwist bis zur Sommerpause

EU-Vertrag, ICC-Sanierung oder mehr Geld für den öffentlichen Dienst – der Senatskoalition stehen etliche harte Konflikte bevor.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Die Schlacht um Tempelhof ist für den rot-roten Senat geschlagen, nun muss man sich den darüber verdrängten Problemen widmen. Manches ist strittig in der Koalition. Bis zur Sommerpause werden im Senat selten die Sektkorken knallen, aber häufiger die Türen.

„Ja, wir haben gut zu tun“, bestätigt Carola Bluhm, die Chefin der Linksfraktion. Und ihr Kollege von der SPD, Michael Müller, spricht von „Abräumarbeiten“ und brummelt, dass er sich das eine oder andere „nicht mehr länger ansehen“ wolle. Schon in der nächsten Woche kommt es zum Schwur: Am 20. Mai wird sich der Senat nicht einig werden, ob Berlin dem EU-Reformvertrag im Bundesrat zustimmen soll. Die SPD ist dafür, die Linke dagegen. Nach Koalitionsvertrag müsste sich dann Berlin im Bundesrat enthalten. Nicht ausgeschlossen wird, dass der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit dennoch mit einem lauten Ja in der Länderkammer den Koalitionsfrieden nachhaltig stören will. Das könnte dann Auswirkungen auf viele andere Themen haben, etwa auf die sowieso schon schwierigen Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst. Und das ist die Konfliktliste der rot-roten Koalition:

INTERNATIONALES CONGRESS CENTRUM

Der Senat wird die Zukunft des ICC voraussichtlich am 27. Mai endgültig klären. „Wir erwarten, dass der Senat dann einen gemeinsamen Vorschlag des Wirtschaftssenators Harald Wolf und der Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer beschließt“, sagt Müller. Die Sozialdemokraten geben einer Sanierung des ICC bei laufendem Betrieb den Vorzug. Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linke), der ein neues Kongresszentrum am Standort der Deutschlandhalle favorisiert, wird am Ende wohl einlenken. Notfalls muss der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) einen Schlichtungsspruch fällen. Ausschlaggebend dürfte sein, dass es niemand verantworten will, das ICC leer stehen zu lassen. Einen seriösen Interessenten für eine private Nachnutzung gibt es nicht.

ÖFFENTLICHER DIENST

Die Gewerkschaften streiken wacker für höhere Gehälter, und in der Linkspartei finden sich viele Unterstützter. Offenbar gibt es eine zunehmende Bereitschaft des Senats, den Arbeitnehmern entgegenzukommen. Und zwar über die öffentlich angekündigte, aber nicht näher bezifferte Einmalzahlung hinaus. Noch gilt aber die von Klaus Wowereit formulierte strikte Ablehnung einer Lohnerhöhung.

VIVANTES

Am 20. Mai will der Senat zusätzliche Investitionen und eine Strategie für die Sanierung des landeseigenen Klinikkonzerns beschließen. Auch dort wird gegenwärtig über Tarife verhandelt. Es geht zudem um den „Masterplan 2015“, der eine Prüfung aller Standorte und Strukturreformen vorsieht.

UMWELTZONE

„Ich mache mir große Sorgen um den Gewerbeverkehr, wenn die Umweltzone 2010 verschärft wird“, sagt SPD-Landeschef Müller. Eventuell werde es für die knapp 100 000 Autos mit gelber Plakette eine längere Übergangsfrist geben. Das betrifft die verantwortliche Umweltsenatorin Katrin Lompscher (Linke). Im Juni ist mit einer Entscheidung zu rechnen.

RAUCHVERBOT

Das Problem, das die Einraumkneipen bundesweit mit dem gesetzlichen Rauchverbot haben, wird der Koalition zunehmend bewusst. Auch dafür ist Senatorin Lompscher verantwortlich. Rot-Rot will das Urteil des Bundesverfassungsgerichts abwarten. Verhandlung in Karlsruhe ist am 11. Juni.

UND MEHR …

Die Verzögerungen bei der Einführung des verbilligten Schulessens an Ganztagsgrundschulen und die nur langsam vorankommenden Verbesserungen des Kinderschutzes stellen beide Fraktionen auf eine harte Geduldsprobe. Nach Pfingsten sind Gespräche mit den Stadträten und den Fachsenatoren geplant, um den Behörden Beine zu machen. Linksfraktion-Chefin Bluhm besteht auf der pünktlichen Einführung des „Starterpakets“ für bedürftige Schulkinder zum nächsten Schuljahr. Für die zwölf Bezirke soll bis zum Sommer ein neues Finanzierungssystem entwickelt werden.

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