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Bildung: Erziehermangel: Kitas schicken Eltern weg

Trotz zahlreicher freier Stellen finden die Kindertagesstätten keine Bewerber. Trotz Betreuungsanspruch müssen die Kitas Familien abweisen. Für die Verwaltung ist das kein Grund zur Beunruhigung.

Neben dem Lehrermangel bekommen Berliner Eltern auch zunehmend den Erziehermangel zu spüren. Sowohl öffentliche als auch private Kindertagesstätten berichten, dass sie wegen unbesetzter Stellen Familien abweisen müssen - trotz ihres Betreuungsanspruchs. "Die Eltern stehen heulend vor der Tür", beschreibt Christian Hubert vom freien Kita-Träger "Kinder im Kiez" die aktuelle Situation.

Besonders dramatisch ist die Lage der Kita-Eigenbetriebe, die etwa jedes dritte Berliner Kind betreuen. Zwei der fünf Eigenbetriebe berichten, dass sie je 30 Kräfte suchen. Die Resonanz auf ihre Stellenanzeigen sei enttäuschend, sagt Michael Witte, pädagogischer Geschäftsleiter des Eigenbetriebes Nord-Ost, der für Lichtenberg, Marzahn-Hellersdorf und Pankow zuständig ist. Witte beklagt den Wettbewerbsnachteil, den die Eigenbetriebe gegenüber den freien Trägern haben, da sie nur befristet einstellen dürfen.

Schwierig ist auch die Lage in einigen Kiezen Treptow-Köpenicks und Neuköllns. Der Kita-Eigenbetrieb Süd-Ost verweist Familien inzwischen an die Jugendämter: Es gibt zwar genügend Plätze, aber ebenfalls 30 vakante Erzieherstellen. "Wir können nicht alle Kinder aufnehmen", bedauert die pädagogische Geschäftsleiterin Hannielle Babeliowski.

Kein Grund zur Beunruhigung für die Bildungsverwaltung

Dass auch die freien Kitas unter dem Personalmangel leiden, zeigt das Beispiel des Trägers "Kinder im Kiez", zu dem 17 Einrichtungen gehören. "Wir hatten wegen der großen Nachfrage in Mitte weitere Räume hergerichtet, können sie aber mangels Erzieherinnen nicht nutzen", sagt Bereichsleiter Christian Hubert. Er hat bereits versucht, direkt mit künftigen Absolventen der Erzieherfachschulen Kontakt aufzunehmen und stellte fest, dass viele schon während des Studiums Arbeitsverträge unterschrieben haben. Deshalb versuche man nun, Mitarbeiter berufsbegleitend zu qualifizieren.

Die Bildungsverwaltung sieht keinen Grund zur Beunruhigung: "Es gibt keinen allgemeinen Erziehermangel", sagt Sprecher Kenneth Frisse. Er verweist darauf, dass bei der Agentur für Arbeit im Februar 2009 mehr als 1100 Erzieherinnen arbeitslos gemeldet gewesen seien. Dem stünden nur 464 offene Stellen gegenüber. Zudem hätten im Jahr 2008 fast 840 Absolventinnen die Fachschulen mit einer abgeschlossenen Ausbildung verlassen. Diese Zahl erhöhe sich noch um die Personen, die mit einer ausländischen Ausbildung gleichgestellt worden seien, sowie um die Absolventinnen der Fachhochschulen, so dass die Gesamtzahl der Bewerber mit einer Erzieherqualifikation auf 1000 steige.

Das Land blockiert Einstellungen

"Es gibt keine berlinweite Mangelsituation, aber eine regionale", beschreibt Martin Hoyer vom Paritätischen Wohlfahrtsverband die Lage. Ohne Frage sei der Mangel in Städten wie Frankfurt am Main dramatischer. Dennoch stünden viele Eltern vor großen Problemen und müssten zum Teil monatelang nach einem erreichbaren Kitaplatz suchen. Hoyer betont zudem, dass längst nicht alle arbeitslos gemeldeten Erzieherinnen einsetzbar seien: "Es gibt da ein Qualitätsproblem", gibt er zu bedenken. Angesichts des offensichtlichen Erziehermangels versteht er nicht, warum das Land nach wie vor Einstellungen blockiert.

Die Bildungsverwaltung bestätigte auf Nachfrage, dass die Eigenbetriebe gehalten sind, zunächst im zentralen Stellenpool des Landes Erzieher zu suchen. Wenn es dort für spezielle Anforderungen keine Kräfte gebe, dürfe zwar von außen eingestellt werden, aber nur befristet. Ihr Sprecher begründet die Befristungen damit, dass Ende 2009 der "Anwendungstarifvertrag" ausläuft. Danach können alle Beschäftigten statt 90 Prozent wieder voll arbeiten. Dadurch könne sich die Bedarfslage erheblich ändern.

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