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© dpa

Bundestagswahl: Die Kleinen machen den Großen zu schaffen

Bundestagswahl in Berlin: Seit der Vereinigung 1990 hat sich die politische Stimmungslage in der Hauptstadt zulasten von CDU und SPD verändert.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Seit der Vereinigung 1990 hat sich die politische Stimmung in Berlin dramatisch verändert. Das gilt für die einzelnen Parteien, aber auch für die beiden großen Lager. Vor 20 Jahren begegneten sich Konservativ-Liberale und Rot-Rot-Grün noch auf Augenhöhe. Es stand fifty-fifty. Seitdem haben sich die Gewichte schrittweise, aber nachhaltig zugunsten des „linken Lagers“ verschoben. Die Anhänger von SPD, Linken und Grünen machen inzwischen 60 Prozent der Wählerschaft aus. CDU und FDP sind in Berlin strukturell nicht mehrheitsfähig.

Beide bürgerlichen Parteien leiden in der Hauptstadt daran, dass sie bei Wahlen und Meinungsumfragen weit unter den Ergebnissen bleiben, die sie im Bund erzielen. Die Berliner CDU hinkt im langjährigen Mittel um 14 Prozent hinter ihrer Bundespartei hinterher, die Berliner FDP um 3,5 Prozent. Eine schwarz-gelbe Mehrheit, das wird die Wahl am Sonntag erneut zeigen, ist bundesweit vielleicht möglich, aber nicht an der Spree. Auch in anderen deutschen Großstädten wirkt dieser Trend. Das erklärt die anhaltenden Diskussionen über Schwarz-Grün und Jamaika, um mit neuen, bunten Mehrheiten wieder regierungsfähig zu werden. Aber auch zwischen CDU und FDP haben sich die Kräfteverhältnisse verändert. Nach dem Machtverlust der Union 2001, in Folge des Bankenskandals, ist ein Teil der bürgerlichen Wähler von den Christdemokraten zu den Liberalen übergelaufen – und dort geblieben.

Die SPD könnte darüber schadenfroh lachen, aber es geht ihr selbst nicht viel besser. Denn die Grünen haben seit 1990 ihren Wähleranteil in Berlin verdoppelt, bei Europawahlen sogar verdreifacht. Auch die Linke, früher PDS, ist mit dem Zusammenwachsen von Ost und West nicht ausgestorben, sondern zu einem ernst zu nehmenden Konkurrenten der SPD geworden. Das städtische Umfeld kommt Grünen und Linken entgegen. Ihre Wahlergebnisse in Berlin liegen im langjährigen Schnitt um jeweils fünf Prozent über den bundesweiten Werten. Der Linken hilft natürlich auch, dass Berlin im Osten Deutschlands liegt. Und die Grünen profitieren von den vielen gut ausgebildeten, eher linksliberalen jungen Leuten, die nach Berlin ziehen.

Dagegen hält sich die SPD, ähnlich wie die CDU, irrtümlicherweise für eine moderne Großstadtpartei. Aber bei Wahlen und Meinungsumfragen in Berlin liegen die Ergebnisse der hauptstädtischen Sozialdemokraten meistens nur knapp über dem Bundesdurchschnitt. Der Abwärtstrend bei den 14 Wahlen, die es seit dem Mauerfall in Berlin gegeben hat, ist zwar nicht ganz so ausgeprägt wie bei der CDU, aber nicht wegzuleugnen. Die ehemals machtvolle Anhängerschaft der Berliner SPD hat sich offenbar teilweise den Grünen und Linken zugewandt – oder bleibt bei Wahlen zu Hause. Bei Europawahlen kann die Berliner SPD seit 2004 nicht einmal 20 Prozent der Wähler mobilisieren. Und am Sonntag wird sie wohl erstmals bei Bundestagswahlen unter 30 Prozent bleiben.

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