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© dpa

CDU: Der Ton wird rauer

Die schlechten Umfragen entzweien die CDU. Indiskretionen schaden Fraktionschef Friedbert Pflüger - irgendjemand aus seiner eigenen Partei will ihm schaden und bringt brisante Informationen an die Öffentlichkeit.

Irgendjemand aus der CDU will Friedbert Pflüger schaden. Zum zweiten Mal schon brachte ein Informant den Fraktionschef öffentlich mit einer teuren Einladung in Verbindung. Über 40 000 Euro, so war vor kurzem zu lesen, hat der Neujahrsempfang der CDU-Fraktion gekostet, zu dem Pflüger Anfang Februar eingeladen hatte – rund 15 000 Euro mehr als frühere Neujahrsempfänge. Als die Summe offenbar gezielt bekannt gemacht wurde, fühlten sich in der CDU viele an die Sache mit dem Nudelessen vor knapp einem Jahr erinnert, als ebenfalls die Höhe einer Speisenrechnung lanciert worden war.

Die Umgangsformen in der CDU, das zeigt sich, werden wieder etwas rauer. Ganz gleich, was seine Parteifreunde von Pflüger halten – die Umfragen machen ihnen Sorgen. Die Optimisten unter den Christdemokraten fühlten sich zwar vor kurzem mehrheitsfähig, weil die schwarz-grün-gelbe Koalition in einer Umfrage mit 47 Prozent einen Punkt vor Rot-Rot lag. Doch solche Rechnungen sind jenseits mathematischer Gesetze eine unsichere Sache. Schwerer wiegt für Pflügers Parteifreunde, dass die CDU nur ausnahmsweise mal mit 25 Prozent gemessen wird und seit Jahren weit unterhalb der Werte liegt, die die Bundes-CDU schafft.

Nun also eine neue Indiskretion. Der Empfang war Teil der Kampagne für die Offenhaltung des Tempelhofer Flughafens. Dort hatte er auch stattgefunden – in der „Airbase 1“ mit Blick auf das Rollfeld. Auch sonst bot die CDU einiges: Es spielte die Big Band von André Hermlin. Gail Halvorsen, der prominenteste Luftbrückenveteran, war als Ehrengast eingeflogen worden. Kein Jahr ist es her, Ende Juni 2007, da erzählte bereits ein sehr gut informierter Jemand einer anderen Zeitung, Pflüger habe ein Essen für angeblich 1400 Euro bei sich zu Hause veranstaltet und auf Fraktionskosten abgerechnet. Damals hatte Pflüger die Fraktionschefs von Grünen und FDP und Altbundespräsident Richard von Weizsäcker zu sich eingeladen. Es war ein Jamaika-Treffen mit Ehrengast, ein Arbeitsessen in privater Atmosphäre, wie es hieß. Die Eingeladenen fanden die Sache gut – auch das hatte manchen geärgert.

Pflüger macht sich nun Gedanken, und Parlamentsgeschäftsführer Frank Henkel rückt die Dinge wieder gerade. „Das hat mit Pflüger nichts zu tun“, sagt er, „ich übernehme als Geschäftsführer die volle Verantwortung.“ Henkel weist auch darauf hin, dass zu diesem Empfang viel mehr Gäste als bei vergleichbaren Gelegenheiten geladen waren – 570 statt 280 Besucher. Und er erinnert daran, dass Organisation und Kosten im Fraktionsvorstand abgesprochen worden waren.

Doch ist jedem, den man in der CDU auf die Sache anspricht, klar, dass die sehr spät kommende Veröffentlichung Pflüger schaden soll. Nicht wenige ärgern sich darüber und solidarisieren sich mit Pflüger. Einige Abgeordnete wollen dem Vorgang das Intrigenhafte nehmen, indem sie feststellen: Die Summe war vielen bekannt. Andere kannten die Summe nicht und stellen fest, dass außer der Fraktionsführung nur wenige Mitarbeiter solche Abrechnungen überhaupt zu Gesicht bekommen. Die Nudelessensabrechnung ist im Juni 2007 über drei oder vier Schreibtische gegangen, bevor die Presse davon erfuhr. Im Umgang mit dem Neujahrsempfang steuern nun einige gegen, indem sie sich daran erinnern, dass die 40 000 Euro in der Fraktion genannt wurden, nachdem die sonst eher stille Abgeordnete Stefanie Bung nachgefragt habe. Bung ist die Lebensgefährtin von CDU-Landeschef Ingo Schmitt; er lässt gelegentlich Zweifel daran erkennen, dass er Pflüger für den geeigneten Spitzenkandidaten für 2011 hält.

Es ist, so sagen die Strategen jetzt, mit Pflüger fast so wie ohne ihn: „Die Basis sieht, dass wir irgendwie nicht aus dem Knick kommen“, sagt einer, der die Partei gut kennt. Die nächste Umfrage kann schon wieder den Absturz auf 20 Prozent bringen. Sorgen machen sich gerade die, die sich Pflüger verbunden fühlen und froh waren, dass mit ihm ein moderner CDU-Mann nach Berlin gekommen ist – einer, der konzeptionell und in Inhalten denkt. Das alles aber, sagt ein erfahrener Landespolitiker, komme bei den Leuten gar nicht an. Gerade diejenigen, die sich überhaupt noch für Landespolitik interessierten, merkten bei Pflüger, dass er eines eben nicht ist – ein eingeborener Berliner, „einer von uns“.

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