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Sarrazin

© dpa

Cross Border Leasing: Faule BVG-Deals "persönliche Blamage Sarrazins"

Die BVG hat möglicherweise 157 Millionen Dollar in den Sand gesetzt - durch so genannte Cross-Border-Leasing-Geschäfte. Schon 2003 gab es Warnungen vor solchen Deals. Nun steht der BVG-Aufsichtsratschef in der Kritik - das ist SPD-Finanzsenator Thilo Sarrazin.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Der Deutsche Städte- und Gemeindebund hatte 2003 gewarnt: Die Risiken des Cross Border Leasing seien bei geschickter Vertragsgestaltung zwar begrenzt. „Aber wenn sie sich realisieren, kann der Schaden von immenser Höhe sein und den Gewinn der Kommune um ein Mehrfaches übersteigen.“ Genau das tritt jetzt in Berlin ein. Möglicherweise haben, wie berichtet, die landeseigenen Berliner  Verkehrsbetriebe (BVG) 157 Millionen Dollar verloren.

Der „Barwertvorteil“, der sich für die BVG aus den CBL-Geschäften ergab, betrug aber nur 68,9 Millionen Euro. Selbst wenn man die 66 Millionen Euro hinzu rechnet, die das Land aus einem ähnlichen Mietgeschäft für die Messehallen mit US-Investoren im Jahr 2000 erzielte, droht immer noch ein Verlustgeschäft. Und der Regierende Kultursenator Klaus Wowereit (SPD) kann froh sein, dass sich der 2003 ausgeheckte Plan, auch die Staatsoper Berlin für 100 Millionen Euro per Cross Border Leasing zu vergolden, damals zerschlug.

U- und Straßenbahnen an einen US-Investor vermietet

Wie funktionieren solche Geschäfte? Die BVG zum Beispiel hat 1997, 2000 und 2002 insgesamt 511 Straßenbahnen (85 Prozent des Bestands) und 647 U-Bahnwagen (48 Prozent des Bestands) an einen US-Trust vermietet. Die Mietdauer: 12 bis 30 Jahre. Der Investor schloss im Gegenzug einen Untermietvertrag mit der BVG ab, der sicherstellt, dass die Verkehrsbetriebe ihre Fahrzeuge weiter nutzen können. Rechtlich bleibt die BVG auch Eigentümer. Aber diese Scheininvestition brachte dem Trust in Amerika einen hohen Steuervorteil, der durch Verrechnung der Haupt- und Untermiete teilweise an die BVG weitergegeben wurde.

Die Berliner Messehallen (1. bis 4. Bauabschnitt) wurden auf gleiche Weise zu Geld gemacht. Die Finanzverwaltung des Senats, die für das Controlling der Verträge zuständig ist, lobte das Cross Border Leasing – auch noch in der Amtszeit Thilo Sarrazins – als „modernes Finanzierungsinstrument“, für dessen Absicherung „Banken erstklassiger Bonität“ ausgewählt würden.

Im Falle der BVG waren das die Hypo-Vereinsbank, die Landesbank Berlin (LBB) und die Credit Suisse. Doch als 2007 die LBB privatisiert wurde, musste damit gerechnet werden, dass deren Bonität von den Ratingagenturen herabgestuft wurde. Der BVG-Aufsichtsrat schaltete deshalb die US-Bank JP Morgan als Berater ein, die im Juli 2007 empfahl, die Absicherung des Cross Border Leasing von den drei Großbanken auf 150 kleinere US-Investoren zu verlagern. Also das Risiko zu streuen. Immerhin ging es um ein Wertpapierpaket von 200 Millionen Dollar. Alle 150 Investoren waren im vergangenen Jahr noch „AAA“ eingestuft. Das bedeutete: höchste Bonität.

Wegen der Finanzkrise fielen mehrere Investoren aus

Wegen der Finanzmarktkrise fielen aber mehrere Investoren aus. Jetzt droht der BVG, für das geplatzte Sicherungspaket (umgerechnet 157 Millionen Euro) voll in Haftung genommen zu werden. Der Finanzsenator und Aufsichtsratschef Sarrazin findet das „höchst ärgerlich“ und wirft JP Morgan vor, die BVG falsch beraten zu haben. Eine Klage gegen die Bank wird geprüft. Der Fall sei eine „persönliche Blamage“ Sarrazins, der sonst immer alles besser wisse, so die Grünen.

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