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Die Grünen: Auf Abstand bedacht

Beim Grünen-Parteitag will keiner was von einer Koalition mit der CDU wissen: Schwarz-grüne Enthusiasten hätten sich auf dem Parteitag der Berliner Grünen am Sonnabend sehr wohl gefühlt: grüne Luftballons mit schwarzem Aufdruck, grüne Werbeplakate mit schwarzer Schrift, überall schwarz-grüne Zeichen. Doch das war nur der äußere Schein.

Von Sabine Beikler

Übertragbar ist die neue Hamburger schwarz-grüne Koalition noch lange nicht auf Berlin und die grundsätzliche Bereitschaft der Berliner Grünen. „Ein Friedbert Pflüger ist kein Ole von Beust“, stellte Renate Künast, Fraktionschefin der Berliner Grünen im Bundestag, gleich zu Anfang in ihrer Rede klar - und fügte scharf hinzu: „Wenn Pflüger Träume hat, mit uns zu koalieren, dann kann er diesen Monat ganz sicher traumlos schlafen.“

Auch wenn Künast damit den bevorstehenden Volksentscheid zum Flughafen Tempelhof und die völlig unterschiedlichen Positionen von CDU und Grünen zur Zukunft von Tempelhof meinte: Die große Mehrheit des traditionell linksorientierten Landesverbandes bleibt mehrheitlich auf Distanz zu den Berliner Christdemokraten. Selbst grüne Realpolitiker wie Fraktionschefin Franziska Eichstädt-Bohlig sprechen von einer „neuen Distanz“. Nach der Tempelhof-Debatte brauche man erst einmal wieder „Abstand“ zueinander. Der CDU-Fraktionsvorsitzende Pflüger habe durch seine Position zu Tempelhof und das Eintreten für eine „West-Berliner Kampagne“ seinen anfänglichen Modernisierungskurs verloren, sagte Eichstädt-Bohlig.

Diese Position vertritt auch die neue Berliner Grünen-Parteispitze. Die bisherige Parteichefin Irmgard Franke-Dressler, die die schwarz-grüne Zählgemeinschaft in Steglitz-Zehlendorf mitinitiiert hat, sieht das Hamburger Modell jedenfalls nicht auf die Hauptstadt übertragbar. „Schwarz-Grün in Berlin hat keine Chance“, sagte die Realpolitikerin. Und Stefan Gelbhaar, der nach dem krankheitsbedingten Rücktritt von Barbara Oesterheld gestern mit klarer Mehrheit der 153 Delegierten zum Parteivorsitzenden in der Doppelspitze gewählt wurde, sieht ebenfalls keine inhaltlichen und atmosphärischen „Verknüpfungen“ mit der CDU. „Auch wenn Pflüger uns ökologisch nahe gekommen ist, haben wir große Differenzen bei den Themen Bürgerrechte, innere Sicherheit und soziale Gerechtigkeit“, sagte Gelbhaar. Der 31-jährige Jurist kommt aus dem Pankower Kreisverband, der mit 600 Mitgliedern aus Ost und West nach Friedrichshain-Kreuzberg Berlins zweitstärkster Grünen-Kreisverband ist. Er versteht sich als Pragmatiker, der sich weder zum linken noch zum realpolitischen Flügel der Partei zählt.

Immerhin in der Bildungspolitik konnten die Berliner Grünen schwarz-grüne Hoffnungen wie in Hamburg schüren. Sie wollen die Hauptschulen in Berlin wie ihre Hamburger Parteifreunde abschaffen. In der Hansestadt sieht das geplante Schulmodell eine Primarschule bis zur sechsten Klasse, Gymnasien und Stadtteilschulen vor, die neben dem Abitur auch andere Abschlüsse ermöglichen. Diese Stadtteilschulen heißen in Berlin Gemeinschaftsschulen. Nur wie eine „Gemeinschaftsschule von unten“ entwickelt werden kann, ist bei den Berliner Grünen strittig. Während Schulpolitiker wie Özcan Mutlu dafür plädieren, die Gymnasien als eigene Schulform so lange zu behalten, bis sich beide Schulformen weitgehend angenähert haben, fordern andere die Einführung der Gemeinschaftsschule und die Abschaffung der Gymnasien zu einem Stichtag. „Wir befürchten, dass ansonsten die Zweigliedrigkeit beibehalten wird“, sagte die Abgeordnete Heidi Kosche vom linken Parteiflügel. Durchgesetzt haben sich bei den Grünen die Befürworter des Zweistufenplans. Darüber kann sich die Berliner CDU wenigstens ein bisschen freuen: Geht es nach den Grünen, bleiben die Gymnasien - vorerst.

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