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Diskussion um Neuköllns Bürgermeister: Rot-Rot will von Buschkowsky nichts wissen

Die rot-rote Koalition hat einen Auftritt des Neuköllner Bürgermeisters Heinz Buschkowsky (SPD) im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses verhindert. SPD und Linke stimmten gestern gegen den Antrag von CDU, FDP und Grünen, Buschkowsky über seine Reise nach Rotterdam und London berichten zu lassen. Dies sei „nicht dringlich“. Über das Vorgehen der beiden Städte in der Integrationspolitik wird seit Wochen diskutiert.

Die Opposition reagierte wütend – und Buschkowsky selbst zeigte sich enttäuscht und empört. Udo Wolf von den Linken brüskierte den Bürgermeister mit der Formulierung, dass „Experten gehört werden müssen, nicht Leute, die mal eine Reise gemacht haben“. Wolf und auch der SPD-Abgeordnete Thomas Kleineidam warfen Buschkowsky vor, „aus dem Integrationsproblem vor allem ein Kriminalitätsproblem“ zu machen. Kleineidam betonte, dass das „Thema ordnungsgemäß behandelt“ werden müsse – „in der nächsten Sitzung gerne“. Die soll allerdings erst nach der parlamentarischen Sommerpause im September stattfinden.

Der grüne Fraktionschef Volker Ratzmann kritisierte die „rote Angst“: „Die ganze Stadt diskutiert, nur der Innenausschuss nicht.“ Ratzmann nannte es „höchst peinlich, wie die SPD mit einem Parteimitglied umgeht“. Frank Henkel von der CDU nannte die Weigerung, über Buschkowskys Reise zu debattieren, „ein Armutszeugnis“.

Nach der Abstimmung über seinen Auftritt verließ Buschkowsky schweigend den Saal. Vor der Tür sagte er: „Ein Bürgermeister darf das Parlament nicht benoten – diese Form hat mich aber doch sehr überrascht.“ Dass bei einigen in der SPD die Nerven blank liegen, zeigte der Auftritt der SPD-Abgeordneten Anja Hertel. Sie begann außerhalb des Sitzungssaals einen Streit mit Buschkowsky und warf diesem vor, das Thema an den Parteigremien vorbei in die Öffentlichkeit getragen zu haben. Nun sehe es aus, als müsse die SPD in der Integrationsdebatte angetrieben werden. Schon in der vergangenen Woche hatte sich einige Sozialdemokraten über den Neuköllner Parteifreund erregt. Denn dieser war einer Einladung der FDP-Fraktion gefolgt, über seine Erfahrungen in Rotterdam und London zu berichten. Buschkowsky stellte gestern aber klar: „Ich beabsichtige nicht, aus der SPD auszutreten.“

Allerdings warf er seinen Parteifreunden in der Landespolitik „Wirklichkeitsverweigerung“ vor. Als Beispiel zählte er Neuköllner Fakten auf: „Zwei Drittel der Jugendlichen leben von Hartz IV. Es wäre nett, wenn das mal einer zur Kenntnis nehmen würde.“ In Teilen des Bezirks gehe so gut wie niemand arbeiten. In solchen Gebieten steige dann die Jugendkriminalität. Mittlerweile seien 90 Prozent der 162 Neuköllner Intensivtäter Migranten. „Die Entwicklung ist dynamisch“, sagte Buschkowskyr. Deshalb müsse der Senat handeln. 90 Prozent der Anregungen, die er aus Rotterdam und London mitgebracht habe, seien nur auf Landesebene umzusetzen.

Buschkowsky begründete sein Vorgehen damit, dass er nicht zusehen wolle, „wie ganze Stadtteile verloren gehen“. Jeder könne sich das in London ansehen. Der Bezirksbürgermeister berichtete zudem von neuen Problemen: Durch den massiven Zuzug von Roma und Sinti aus Rumänien gebe es seit einigen Monaten „Verwerfungen“ in der High-Deck-Siedlung an der Sonnenallee.

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