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Energiekonzept: Mehr heiße Luft als Klimaschutz

Große Ankündigungen, magere Ergebnisse: Der Senat hat von seinem ehrgeizigen Arbeitsprogramm bisher kaum etwas umgesetzt.

Mit grüner Politik tut sich der rot-rote Senat schwer. Dieses Fazit ergibt sich aus einem Abgleich des klimapolitischen Arbeitsprogramms mit dem erreichten Stand der Dinge. Das Programm hatte der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) im Juli 2008 persönlich präsentiert – als Zeichen der Bedeutung des Themas für die Senatspolitik.

Ein wesentlicher Punkt des zur Chefsache geadelten Themas ist der „Berliner Energiestandard“, der vorbildhafte Kriterien für die energetische Sanierung öffentlicher Gebäude festlegen sollte. Ende 2008 sollte er vorliegen; ein Jahr später nahm der Senat die Vorgaben „als Empfehlungen“ zur Kenntnis. Sie sind also unverbindlich. Für den Grünen-Energieexperten Michael Schäfer ein fatales Versäumnis: „Hätten wir diesen Standard, würden wir mit dem Konjunkturprogramm deutlich bessere Neubauten bekommen.“

In der Warteschleife hängt auch das „Energiekonzept 2020“, das Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linke) zuletzt für den Jahreswechsel 2009/10 angekündigt hatte. Es gilt als Handlungsgrundlage für viele Planungen – von Kraftwerken übers Fernwärmenetz bis zu Verkehr und Flächennutzung. Jetzt stellt die Wirtschaftsverwaltung das Papier für Mai in Aussicht. Als Grund für die Verzögerung wird der Abstimmungsbedarf „mit sehr vielen Ressorts“ genannt.

Der spannendste Punkt für die Berliner dürfte das Klimaschutzgesetz sein, dessen zweiter Referentenentwurf in diesem Monat fertig sein sollte. „Im nächsten Monat wollen wir in die Senatsabstimmung gehen“, sagt die Sprecherin von Umweltsenatorin Katrin Lompscher (Linke). Das Gesetz gilt als besonders heikel, weil es drastische Auswirkungen auf die Entwicklung der Mieten haben kann – je nachdem, wie viel Eigentümer in die ökologische Sanierung ihrer Immobilien investieren müssen. Mit dem ersten Entwurf hatte sich Lompscher eine blutige Nase bei Wohnungswirtschaft und dem Koalitionspartner SPD geholt, weil konkrete Nachrüstquoten für erneuerbare Energien vorgeschrieben werden sollten. Laut der neuen Version sollen nun zunächst nur besonders schlecht gedämmte Gebäude saniert werden. Da auch die SPD die Folgen für die Mieter skeptisch beäugt, kann das Gesetz leicht scheitern, falls es 2011 in den Wahlkampf gerät.

Für den Verkehrssektor, der wegen des noch immer wachsenden CO2-Ausstoßes in Berlin besonders problematisch ist, sollte die Stadtentwicklungsverwaltung bis Mitte 2009 einen Plan mit konkreten Minderungszielen vorlegen. Jetzt ist in der Verwaltung von Mitte 2010 die Rede.

Für öffentliche Gebäude sollte die Finanzverwaltung ein Konzept erarbeiten. Doch Finanzsenator Ulrich Nußbaum verwies jüngst darauf, dass sich die Ausgaben „in die finanziellen Leitlinien bis 2020 einpassen“ müssen. Mit anderen Worten: Was sich über die Energieeinsparung erst langfristig lohnt, bleibt liegen.

Auch die 2008 angekündigte Prüfung, ob die landeseigene Investitionsbank IBB über ihren Wohnungsbaufonds „ein zusätzliches Programm zur energetischen Sanierung“ auflegen kann, ist offenbar ausgefallen: In der Antwort auf eine Anfrage von Schäfer verweist die Umweltverwaltung auf noch laufende Abstimmungen sowie auf zwei IBB-Programme, die allerdings schon 2008 existierten. Eins davon, „Altersgerecht Wohnen“, ist ohnehin nicht zum Energiesparen bestimmt.

Senatssprecher Richard Meng erklärt den Rückstand mit „Gründlichkeit vor Schnelligkeit“ und den sozialen Folgen, die gründlich geprüft sein wollen. Zudem verweist er auf Erfolge wie die Klimaschutzvereinbarungen mit Landesbetrieben und Privatunternehmen sowie die Ansiedlung von Solarfirmen und die „Green Economy“-Konferenz im Roten Rathaus.

Wenn es um nachhaltige Politik geht, dient dem Senat laut der Koalitionsvereinbarung die „Lokale Agenda 21“ als Richtschnur. Sie geht auf eine Initiative der Vereinten Nationen zurück und soll beim Senat koordiniert werden. Am Dienstag beschloss der Senat einen von Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) vorgelegten Zwischenbericht. Daraufhin meldete sich der Dachverband „Verein Berlin 21“ zu Wort: Man sei „bestürzt“ über den Bericht. Von 63 Handlungszielen seien nur vier berücksichtigt, die Koordinierungsstelle beim Senat sei von einst vier Stellen fast auf null erodiert, eine Zusammenarbeit zwischen Senat, Bezirken und Verbänden gebe es nicht mehr.

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