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Erziehermangel: Senat holt Quereinsteiger in die Kitas

Für arbeitslose Friseure, Fliesenleger oder Floristen gibt es ab sofort eine neue Perspektive: Sie können versuchen, sich von der Bundesagentur für Arbeit zu Erziehern umschulen zu lassen. Opposition fürchtet um Qualität der Betreuung

Es gelte, einen Bedarf von rund 1400 neuen Erziehern allein im Jahr 2010 auszugleichen. Vor allem Migranten sollten ermuntert werden, diesen Weg einzuschlagen. Das bestätigte die Senatsverwaltung für Arbeit auf Nachfrage.

Der schon vor einem Jahr von Kitas und Schulhorten angeprangerte Personalmangel verschärft sich ab April nochmals drastisch, weil dann das neue Kita-Gesetz greift: Als Folge des Volksbegehrens garantiert es den Betreuungseinrichtungen eine bessere Personalausstattung mit insgesamt 1800 zusätzlichen Erziehern. Zudem kommt eine große Pensionierungswelle, die Neueinstellungen erfordert. Und schließlich gibt es eine drastisch steigende Nachfrage aus den westlichen Bundesländern, die ihre Betreuungsangebote verbessern wollen: Etliche große Gemeinden versuchen ihren Erziehernotstand damit zu beheben, dass sie interessiertes Fachpersonal aus anderen Bundesländern mit gutem Gehalt und Schnupperwochenenden ködern.

Dennoch bleibt die Finanzverwaltung bis heute bei ihrem Kurs, Erzieherinnen mit unattraktiven Fristverträgen hinzuhalten. Erst im Dezember wurden auslaufende Verträge von Horterziehern abermals nicht entfristet, sondern nur verlängert. „Unverantwortlich“ sei das, findet die CDU-Jugendpolitikerin Emine Demirbüken-Wegener. Und Monika Herrmann, grüne Jugendstadträtin in Friedrichshain-Kreuzberg, spricht von „Offenbarungseid“, wenn der Senat aus der Not heraus Seiteneinsteiger ohne vollständige Ausbildung in die Kita holen wolle. Das widerspreche auch dem Senatsziel, die Betreuungsqualität der Kitas durch eine bessere Ausbildung des Fachpersonals zu erhöhen.

Roland Kern vom Dachverband der Kinderläden fordert – ebenso wie Demirbüken-Wegener – eine bessere Bezahlung der Erzieher als Antwort auf Personal- und Qualitätsmangel. Anders sei es weder möglich, die Abwerbungsversuche aus anderen Bundesländern abzuwehren, noch könne es gelingen, Abiturientinnen für diesen Beruf zu gewinnen, was eigentlich gefordert werde. Wenn man jetzt Künstler oder Handwerker in die Kitas holen wolle, um dem Mangel abzuhelfen, sei das nur dann akzeptabel, wenn sie eine gute Umschulung erhielten, findet Kern. Schließlich müssten sie auch das Kita-Bildungsprogramm umsetzen, das unter anderem eine gezielte Sprachförderung umfasst. Im Übrigen verweist Kern auf die Homepage seines Verbandes: Dort gibt es einen Stellenmarkt, der den Bedarf gut widerspiegelt (www.daks-berlin.de).

Die Finanzverwaltung begründet ihr Zögern bei der Entfristung von Erzieherstellen damit, dass demnächst der Solidarpakt ausläuft: In der Folge haben die Beschäftigten wieder Anspruch auf volle Stellen. In den vergangenen Jahren durften sie nur 90 bzw. 95 Prozent arbeiten. Der Finanzsenator will erst mal abwarten, wie viele Erzieherinnen davon Gebrauch machen und aufstocken. Fachleute halten dem entgegen, angesichts des steigenden Bedarfs werde sich das Auslaufen des Solidarpaktes kaum auswirken. Susanne Vieth-Entus

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