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Esskultur: Noch darf der Smiley nicht weinen

Vorerst wird es keine Ekel-Liste für ganz Berlin. geben. Für die Kennzeichnung der Betriebe fehlt ein Gesetz.

Dreckige Küchen, verschimmelte Zapfanlagen oder Fliegenbefall – die Ekel-Liste von Pankow ist lang. Auf der Internetseite des Bezirksamtes kann seit Montag jeder nachlesen, in welchen Restaurants, Imbissläden, Bäckereien und Kneipen im Bezirk die Kontrolleure gravierende Mängel fanden. In Deutschland ist das bislang einmalig. Mit der Veröffentlichung Pankower Schmuddelrestaurants will der Bezirk den Verbraucherschutz stärken, Kritiker sprechen dagegen von einem Pranger, der die betroffenen Betriebe in ihrer Existenz gefährde. Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) kritisiert den Bezirk, der es angeblich nicht schaffe, flächendeckende Kontrollen vorzunehmen, und mit seiner Liste für Wettbewerbsverzerrung sorge. Die Befürworter hingegen berufen sich auf das Verbraucherinformationsgesetz (VIG) von Mai 2008. Es erlaubt dem Verbraucher, sich über die Ergebnisse der Betriebskontrollen zu informieren, die zuvor bei den Behörden unter Verschluss lagen.

Pankow hat sich eine Klausel im VIG zunutze zu gemacht: Informationen können auch „unabhängig von einem Antrag über das Internet“ veröffentlicht werden. Jedoch gibt es bei der Abwägung zwischen dem öffentlichen Informationsinteresse und angeblichen Betriebsgeheimnissen große Ermessensspielräume. Ein für ganz Berlin verbindliches System könne nicht eingeführt werden, weil das Verbraucherinformationsgesetz mit dem Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch kollidiert, beklagt Gesundheitsstaatssekretär Benjamin Hoff (Linke). Danach sei es nur eingeschränkt zulässig, die Öffentlichkeit über negative Befunde zu informieren, „Das VIG geht nicht weit genug“, sagt Hoff. Berlin wolle sich daher für eine Ausweitung des Gesetzes im Bund einsetzen, wenn das Pankower Pilotprojekt am Ende des Jahres ausgewertet sei.

Dass es prinzipiell anders geht, zeigt das Beispiel Dänemark. Dort müssen sich Geschäft und Restaurant mit einem fröhlichen oder betrübten Smiley an der Eingangstür schmücken und eine Kontrollliste aushängen, bei der sich der Verbraucher ein Bild über die Prüfungen der vergangenen Jahre machen kann. In Pankow dürfen die Smileys aus rechtlichen Gründen aber nur grinsen und nicht weinen. Und das nur in Betrieben, die freiwillig einen Vertrag mit dem Bezirksamt geschlossen haben.

Der stellvertretende Geschäftsführer von „Foodwatch“, Matthias Wolfschmidt, lobt den Vorstoß von Pankow, der die öffentliche Diskussion anrege, auf lange Sicht brauche man aber ein eigenes Gesetz. „Man darf den Bezirk nicht dafür kritisieren, dass das System noch nicht perfekt ist. Es gibt eben keine Basis, die es Pankow ermöglicht, Notensmileys aufzuhängen.“ Die Negativliste im Internet sei kein effizientes Pendant zum dänischen Negativsmiley an der Schaufensterscheibe. „Der Verbraucher würde das dänische Prinzip besser verstehen und lieber konsumieren, was letztlich auch den Unternehmen hilft.“ Dies würde helfen, die Position der Verbraucher zu stärken. „Bei einem System wie dem dänischen würden Wirte, die jetzt noch die Bußgelder aus der Portokasse zahlen, einfach hinten runterfallen.“ 

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