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Gedenkstätte Friedrichsfelde: Die SPD besinnt sich ihrer Wurzeln

"Wir wollen deutlich machen, dass dies unsere Geschichte ist." Generalsekretär Heil und Landeschef Müller besuchen die Gedenkstätte der Sozialisten.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Hubertus Heil, Generalsekretär der deutschen Sozialdemokraten, steht vor dem Grabstein Wilhelm Liebknechts, Karls Vater, und zupft an der Schleife des roten Blumengebindes. Und er fügt, die mächtige Büste des politischen Urahns fest im Blick, fast trotzig hinzu: „Wir lassen uns das nicht klauen.“ Es sieht ganz so aus, als wollte die SPD die Gedenkstätte der Sozialisten in Friedrichsfelde zurückerobern.

Schließlich ist dieser Ort im öffentlichen Bewusstsein seit Jahrzehnten eng verknüpft mit den Januar-Demonstrationen der Sozialisten, früher Kommunisten, für die 1919 ermordeten Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg. Dort liegt auch Ernst Thälmann begraben, 1920 Mitbegründer der KPD. Dort sind die Gräber der DDR-Nomenklatura. Dabei ist, und das scheint die SPD nun wiederzuentdecken, der Zentralfriedhof im Osten Berlins der wichtigste Bestattungsplatz für die gesamte deutsche Arbeiterbewegung. „Ein schwieriger Ort“, sagt SPD-Landeschef Michael Müller, der für den späten Montagnachmittag zum Rundgang auf der Gedenkstätte eingeladen hatte. Etwa 50 Genossen kamen, vorneweg Hubertus Heil. Ob die teuren Toten, die hier ruhen, zu den Freunden oder Gegnern Karl Kautskys oder Eduard Bernsteins gehörten, ob sie in der SPD oder später in der Linksabspaltung USPD waren, ist Müller egal. Er will die „merkwürdige Schieflage“ beseitigen, die zu Zeiten der DDR durch das staatlich verordnete Gedenken entstanden sei.

So ist es kein Zufall, dass Heil und Müller zuerst am neuen, in der Linkspartei umstrittenen Gedenkstein für die Opfer des Stalinismus Kränze ablegen. Die Landes-SPD mit roten Rosen, die Bundes-SPD mit roten Nelken. Das ist kein normaler Friedhofsspaziergang. „Das ist ein hochpolitischer Termin“, hebt der Berliner SPD-Chef hervor. Schließlich sei die SPD die einzige linke Volkspartei in Deutschland, und da lohne es sich, „einen Blick in die Vergangenheit zu werfen“. Zumal seit Gründung der Partei, so Müller, die Frage laute: „Was ist der richtige sozialdemokratische Weg?“

Die Idee zum demonstrativen Besuch der Gedenkstätte entstand schon im April, als Generalsekretär Heil und SPD-Landesgeschäftsführer Rüdiger Scholz zum 100. Todestag von Ignaz Auer Kränze ablegten. Ein Mitbegründer der Sozialdemokratie und – wie Wilhelm Liebknecht – Weggefährte des ersten SPD-Parteichefs August Bebel. „Wir stehen zu unserer Geschichte und sind stolz auf sie“, sagt Heil. Die grundlegenden Werte seien geblieben: Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität. Und dann zitiert der Generalsekretär, auf die Gräber der Ur-Sozialdemokraten blickend, noch den französischen Sozialisten Jean Jaurés: „Tradition heißt nicht, die Asche zu bewahren, sondern die Fackel weiterzureichen.“ Schön habe Heil geredet, lobt Müller am Ende des Rundgangs.Ulrich Zawatka-Gerlach

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