zum Hauptinhalt

Golfclub: Untreueverdacht – Ermittlungen gegen Sarrazin

Die Staatsanwaltschaft prüft den Schaden für Berlin durch den Pachtvertrag mit dem Golfclub Wannsee. Die Vorwürfe richten sich vor allem gegen den ehemaligen Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD). Unter ihm verzichtete die Finanzbehörde den sonst üblichen Pachtzins zu verlangen.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Berlin - Die Berliner Staatsanwaltschaft prüft, ob die umstrittene Verpachtung eines landeseigenen Grundstücks an den Golfclub Wannsee den Tatbestand der Untreue erfüllt. Dies bestätigte am Donnerstag der Sprecher der Ermittlungsbehörde, Martin Steltner, dem Tagesspiegel. „Wir ermitteln aufgrund von zwei privaten Strafanzeigen, unter Einbeziehung der Erkenntnisse der Finanzverwaltung.“ Die Vorwürfe richten sich vor allem gegen den ehemaligen Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD), der seit Mai im Bundesbankvorstand sitzt, zuständig für das Risiko-Controlling und den Bargeldumlauf in Deutschland.

Die Staatsanwaltschaft geht der Frage nach, ob mit dem 2008 abgeschlossenen Pachtvertrag über 99 Jahre für das 56,8 Hektar große Areal am grünen Stadtrand dem Land Berlin ein Vermögensschaden zugefügt wurde. Der Golfclub zahlte dafür einmalig 3,045 Millionen Euro. CDU und Grüne, aber auch die Regierungsfraktionen SPD und Linke kritisieren diesen Betrag als viel zu niedrig. Wie berichtet, verzichtete die Finanzbehörde unter Sarrazin bei den Vertragsverhandlungen vor einem Jahr darauf, den sonst üblichen Pachtzins von 6,5 Prozent vom Verkehrswert zu verlangen, sondern begnügte sich mit drei Prozent. Außerdem wurden die vereinbarten Konditionen nicht an die Gemeinnützigkeit des Golfvereins geknüpft, die vermutlich 2010 aufgegeben wird.

Gegen Sarrazin wurde schon einmal wegen des Verdachts der Untreue ermittelt. Im Zusammenhang mit der Tempodromaffäre erhob die Berliner Staatsanwaltschaft 2004 Anklage gegen den damaligen Finanzsenator. Das Landgericht lehnte zwar die Eröffnung des Hauptverfahrens ab, stellte aber fest, dass Sarrazin und der frühere Stadtentwicklungssenator Peter Strieder (SPD) „mit hinreichender Wahrscheinlichkeit die ihnen obliegende Vermögensbetreuungspflicht verletzt“ hätten.

Die Golfplatzaffäre wird aber nicht nur juristisch, sondern auch finanzpolitisch durchleuchtet. „Wir behalten uns alle Prüfungsmöglichkeiten vor“, sagte eine Sprecherin des Landesrechnungshofs. Ein interner Prüfbericht der Finanzverwaltung, der vom neuen Finanzsenator Ulrich Nußbaum initiiert wurde, ist fast fertig. „Wir warten noch darauf, dass sich die Betroffenen zur Sache äußern“, sagte Pressesprecher Daniel Abbou. Gemeint sind Sarrazin und der kürzlich entlassene Staatssekretär Klaus Teichert.

Außerdem wird sich der Vermögensausschuss des Abgeordnetenhauses auf Antrag der CDU am 9. September mit dem Pachtvertrag befassen. CDU-Fraktionsgeschäftsführer Florian Graf formulierte 17 Fragen an den Senat. Unter anderem will er wissen, welche amtierenden und ehemaligen Senatsmitglieder und Staatssekretäre Mitglied des Golfclubs sind und was den Senat dazu bewogen hat, „einen Vermögensverlust für das Land Berlin hinzunehmen“. Gefragt wird auch, ob der Verein das Erbbaurecht inzwischen veräußert oder belastet hat, um Geld für andere Zwecke lockerzumachen. Der Golfclub muss am 2. September auf einer außerordentlichen Mitgliederversammlung einen neuen Vorstand wählen. Wegen interner Querelen tritt die bisherige Vereinsführung ab.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false