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Hartz IV: Neue Regeln für Mietkostenhilfe

Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) hat sich durchgesetzt: Die Frist, in der Hartz IV-Empfängern teurere Wohnungen ohne Überprüfung bezahlt werden, wird verkürzt. Singles können sich hingegen über mehr Hilfe freuen.

Nach monatelangem Streit hat sich der Senat am Dienstag auf eine neue Regelung für die Übernahme der Mietkosten von Hartz-IV-Empfängern geeinigt. Danach werden lediglich die Bemessungsgrenzen für Ein-Personen-Haushalte um fünf Prozent von 360 auf 378 Euro erhöht; gleichzeitig wird die allgemeine Übergangsfrist, in der teurere Wohnungen ohne Überprüfung vom Jobcenter bezahlt werden, wie in den anderen Bundesländern auf ein halbes Jahr verkürzt. Die Vereinbarung muss jetzt den Rat der Bürgermeister passieren, so dass sie in den ersten Monaten des kommenden Jahres in Kraft treten kann.

„Für die anderen Haushalte konnte der Senat sich nicht auf eine Erhöhung einigen“, sagte Sozialsenatorin Knake-Werner (Linke), die sich mit bedeutend weiter gehenden Forderungen nicht gegen Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) durchsetzen konnte. Auch die einjährige Übergangsfrist hätte die Sozialsenatorin gerne beibehalten. Gerade im ersten Jahr seien die Chancen am größten, wieder ins Erwerbsleben zu finden. „Die Menschen sollen mit Jobsuche statt mit Wohnungssuche beschäftigt sein“, sagte Knake-Werner. Vor dreieinhalb Jahren konnte sie für diese Position im Senat eine Mehrheit finden. Sarrazin wie dem Landesrechnungshof war die Frist jedoch ein Dorn im Auge. Der Bund hatte im Sommer angekündigt, Berlin wegen der bundesweit einmaligen Vereinbarung eventuell in Regress nehmen zu wollen. Berlin muss dazu jetzt noch mit dem Bund eine Lösung finden.

Hartz-IV-Haushalte mit mehreren Personen können frühestens im Sommer darauf hoffen, dass die Bemessungsgrenzen für ihre Mietkosten überprüft werden. Der Senat verständigte sich darauf, auch bei ihnen höhere Richtwerte festzusetzen, wenn der neue Mietspiegel und die Betriebskostentabellen eine „signifikante Steigerung“ des Mietenniveaus ausweisen. Außerdem soll bis dahin auch niemand allein wegen gestiegener Nebenkosten zum Umzug gezwungen werden.

Laut Knake-Werner sind in Berlin vor allem die Mieten für Single-Wohnungen gestiegen, weshalb dort die Richtwerte erhöht wurden. „Hier ist der Markt besonders umkämpft“, sagte die Sozialsenatorin. In diesem Segment konkurrierten Hartz-IV-Empfänger mit Studenten oder alten Menschen. Knapp 60 Prozent der mehr als 331 000 Berliner Hartz-IV-Bedarfsgemeinschaften, die Arbeitslosengeld II oder Sozialhilfe beziehen, sind Single-Haushalte. Knake-Werner geht davon aus, dass die neue Regelung das Land ein bis zwei Millionen Euro kostet. Derzeit zahlen rund 1200 Menschen, die in teureren Wohnungen leben, die Differenz zum Richtwert aus ihrem Regelsatz oder durch einen Ein-Euro-Job selber. Zwangsumzüge wegen zu hoher Mieten halten sich seit der Einführung von Hartz IV in Grenzen. 2007 mussten 680 Haushalte umziehen.

Die Grünen befürchten, dass sich dies ändern wird. „Der Senat lässt Familien, die vom Arbeitslosengeld II leben, im Regen stehen. Höhere Betriebskosten treffen alle ALG-II-Empfangenden“, sagte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Ramona Pop. Der Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen sprach lediglich von einem ersten Schritt. Alle Richtwerte müssten erhöht werden, sonst drohe, dass sich ALG-II-Empfänger in bestimmten Wohngegenden konzentrierten.

Mehr als 605 000 Menschen sind in Berlin auf Leistungen nach Hartz IV ange Sigrid Kneist

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