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Interview: Ex-Grüne: "Ich will soziale Gerechtigkeit"

Die Berliner Ex-Grüne Bilkay Öney erläutert im Interview mit dem Tagesspiegel ihre Gründe für den Austritt aus Partei und Fraktion.

Frau Öney, was hat Sie bewogen, die Partei der Grünen und deren Abgeordnetenhausfraktion zu verlassen?

Die Ereignisse der letzten Woche haben mir gezeigt, dass der Wechsel von Canan Bayram von der SPD zu den Grünen die rot-rote Koalition in Berlin so geschwächt hat, dass dies bundespolitische Auswirkungen hat. Die Bundestagswahl im September findet aber mitten in einer tiefen Wirtschaftskrise statt und da geht es um die zentrale Frage: Was wollen wir? Will man sozialen Abbau oder soziale Gerechtigkeit? Für mich ist das letztere entscheidend. Ich will – auch nicht indirekt – zur Wahlhelferin von Schwarz-Gelb auf Bundesebene werden.

Immerhin waren Sie 15 Jahre Mitglied der Berliner Grünen. Und jetzt so ein schneller Seitenwechsel…

Es gab hin und wieder inhaltliche Differenzen. Aber das war nicht entscheidend. Der Anlass, die Grünen jetzt zu verlassen, waren die Auswirkungen auf die Bundespolitik. Das betrifft die Migranten noch viel stärker als andere Gruppen.

Sie sind, wie Frau Bayram, im osttürkischen Malatya geboren. Kennen Sie sich etwa von früher?

Nein, ich kannte sie nicht, der gemeinsame Geburtsort ist purer Zufall. Ich wurde jetzt auch von Grünen-Politikern gefragt: Wie sieht das denn aus, wenn zwei Migrantinnen aus der Türkei jeweils in die andere Partei wechseln, das macht euch doch total unglaubwürdig. Aber es geht hier nicht um persönliche Rivalitäten zwischen zwei Türkinnen, das ist auch keine Provinzposse. Das muss allen mal klar werden.

Im Moment sind Sie fraktionslos, aber Sie wollen in die SPD und deren Abgeordnetenhausfraktion eintreten?

Ich komme aus einer sozialdemokratischen Familie und muss mich jetzt für eine Richtung außerhalb der Grünen entscheiden. Ich will nicht dauerhaft partei- und fraktionslos bleiben. Meine neue politische Heimat wird voraussichtlich die SPD sein. Aber ich habe noch keinen Antrag gestellt und mir wurde auch nicht, falls dies jemand behaupten sollte, irgendein Posten versprochen. Es geht hier auch nicht um Posten, sondern um die zukünftige Entwicklung in diesem Land.

Wie haben die Grünen auf Ihren Austritt reagiert?

Einige können oder wollen das jetzt vielleicht noch nicht verstehen.

Das Gespräch führte Ulrich Zawatka-Gerlach.

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