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Jugendkriminalität: Körting gerät zunehmend in Bedrängnis

Mit seinen Behauptungen, Jugendrichter seien im Urteil zu milde und "Alles-Verzeiher", hat sich Innensenator Ehrhart Körting mächtig in die Nesseln gesetzt. CDU und Justizsenatorin Gisela von der Aue reagierten empört. Handelt es sich um ein Missverständnis?

Körting (SPD) gerät wegen seiner Äußerungen zur Jugendkriminalität zunehmend unter Druck. Justizsenatorin Gisela von der Aue (SPD) nahm die Jugendrichter erneut gegen den Vorwurf in Schutz, sie würden zu lasch urteilen. Scharfe Kritik an Körting kam von der CDU und der Vereinigung der Berliner Strafverteidiger. Unterdessen rudert der Innensenator laut Medienberichten zurück und spricht von einem Missverständnis. Das Thema könnte morgen im Senat eine Rolle spielen. Außerdem soll darüber am 16. Januar im Rechtsausschuss beraten werden.

Urteile: Angebracht oder zu lasch?

Die Richter hätten auf die Entwicklung reagiert und urteilten angemessen, sagte von der Aue. Die Statistiken zeigten, dass die Strafen in den letzten Jahren härter geworden seien und auch nicht mehr so oft zur Bewährung ausgesetzt würden. Die Kritik von Körting, wonach bei Heranwachsenden zu oft das Jugendstrafrecht angewandt werde, sei sehr pauschal.

Körting hatte in einem Interview gesagt, mitverantwortlich für die Gewalt-Misere bei Migranten seien zu lasche Richter. Diesen "Alles-Verstehern und -Verzeihern" gehe es nur um die Psyche des Täters, die Psyche des Opfers sei etlichen Richtern egal.

Die Zahl der jugendlichen Serientäter sei in den vergangenen sechs Monaten stark angestiegen, sagte die Senatorin unter Berufung auf die Generalstaatsanwaltschaft. Auch bei Kindern sei eine deutlich höhere Straffälligkeit festzustellen. Auf diese Entwicklung habe man aber bereits mit vielfältigen Maßnahmen, darunter einer engen Kooperation mit Polizei, Schulen und Jugendämtern, reagiert.

Höhere Strafen schrecken nicht ab

Die Vereinigung Berliner Strafverteidiger bezeichnete Forderungen aus der Union nach einer Verschärfung des Jugendstrafrechts als populistisch. Dass "schwerkriminelle Jugendliche" entsprechend verurteilt würden, zeige sich an der seit Jahren andauernden Überbelegung der Jugendstrafanstalt. Zudem seien Behauptungen falsch, höhere Strafen schreckten ab. Jugendliche, die hinter Gittern waren, hätten eine höhere Rückfallquote als jene, die mit anderen Sanktionen bestraft würden. Als Hauptgrund für kriminelle Karrieren unter Migranten wurde die fehlende Zukunftsperspektive genannt.

Körting bemühte sich unterdessen um Schadensbegrenzung. Seine Aussagen habe er auf ganz Deutschland bezogen, in Berlin sei einiges besser, sagte er laut. Nachdrücklich bekannte er sich demnach aber zu seinen Äußerungen über Erziehungsprobleme in einem Teil der ausländischen Familien, in denen Erziehung über körperliche Züchtigung erfolge. Gegenwärtig wolle der Senator nichts weiter dazu sagen, erklärte sein Sprecher auf Anfrage.

CDU-Innenexperte Frank Henkel warf Körting vor, mit seinen ständigen Richtungswechseln "das letzte bisschen Glaubwürdigkeit" zu verspielen. Die Äußerungen seien zudem nur Ablenkungsmanöver, während das grundlegende Problem nicht angegangen werde. Der rot-rote Senat schaue der weiter ansteigenden Jugendgruppengewalt tatenlos zu.

Kein Interesse an ausländischen Mitbürgern

Integrationsbeauftragter Günter Piening sagte mit Blick auf den Wahlkampf von Hessens CDU-Ministerpräsident Roland Koch, Ausländer würden wieder einmal "massiv als Feindbild missbraucht". Ein Grund dafür sei, dass Migranten kein Wahlrecht hätten und die Politik an solchen Menschen "leider kein verstärktes Interesse" habe. "Ihnen fehlt die Möglichkeit, mit ihrer Wählerstimme Populisten Grenzen aufzuzeigen".

Christina Schultze[ddp]

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