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Kinderarmut: Jedes dritte Berliner Kind lebt von Hartz IV

Die soziale Lage der Berliner Kinder bleibt dramatisch. Mehr als ein Drittel von ihnen wächst in einem Hartz-IV- Haushalt auf - das sind mehr als 170.000 Heranwachsende.

Dies geht aus der Antwort auf eine Kleine Anfrage der Abgeordneten Margrit Barth (Linke) hervor. Insgesamt haben damit über 170 000 Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren mit den finanziellen Folgen von Langzeitarbeitslosigkeit zu tun. Allein in Mitte sind über 13 000 Heranwachsende betroffen, in Neukölln 12 500. Am niedrigsten ist die Zahl erwartungsgemäß im sozial stärksten Bezirk Steglitz-Zehlendorf (3145).

Zusätzlich erschwert wird die Lage dieser Kinder dadurch, dass sie ein größeres Risiko haben, mit nur einem Elternteil zusammenleben: Die Senatsverwaltung für Soziales berichtet, dass über 79 000 der 170 000 Hartz-IV-Kinder in sogenannten alleinerziehenden Haushalten leben. Je älter die Kinder sind, desto größer ist dieser Anteil: Von den 14- bis 17-jährigen Jugendlichen lebt nur noch ein Drittel mit zwei Erziehungsberechtigten zusammen. Bei den 0- bis 7-Jährigen sind es rund 40 Prozent.

Die Zahlen zeigten, wie wichtig und richtig es gewesen sei, die Elternbeiträge für das Schulessen und den Kitabesuch zu senken und letztlich zu streichen, betonte am Dienstag Marion Barth, die jugendpolitische Sprecherin der Linksfraktion ist. Sie fragt Jahr für Jahr bei der Senatsverwaltung für Soziales die Zahlen über Kinder in Hartz-IV-Familien ab und weiß daher, dass sich kaum etwas zum Besseren verändert hat.

„Es ist dennoch wichtig, diese Fragen zu stellen, damit die Probleme nicht aus den Augen verloren werden“, begründet Barth ihre parlamentarischen Anfragen. So erfährt sie nicht nur, dass sich die soziale Spaltung in der Stadt verfestigt, sondern auch, dass keine der bisherigen familien- und arbeitsmarktpolitischen Reformen Wesentliches für die Heranwachsenden geändert haben.

Die Senatsverwaltung für Soziales verwies gestern angesichts der Zahlen auf die Bemühungen der rot-roten Koalition, im gemeinnützigen Sektor über 6000 Stellen für Langzeitarbeitslose zu schaffen. „Berlin leidet aber nach wie vor unter den wirtschaftlichen Umbrüchen“, wirbt Sprecherin Anja Wollny um Verständnis dafür, dass sich die arbeitsmarktpolitischen Bemühungen nicht stärker auf die Lage der Kinder auswirken. Es sei deshalb wichtig, anderweitig für Entlastung zu sorgen. Dazu könne etwa gehören, dass der Hartz-IV-Regelsatz für Kinder erhöht werde.

Mit dieser Forderung steht die Sozialverwaltung nicht allein da. Zuletzt hatte der Präsident des Caritasverbandes, Peter Neher, angesichts der Kinderarmut eine stärkere Entlastung von Familien gefordert. Die Hartz-IV-Regelsätze für Kinder müssten gerade in der Wirtschaftskrise erhöht werden, lautet sein Appell. Ähnliche Forderungen gibt es auch seitens des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes und des Kinderschutzbundes.

Besonders betroffen von Arbeitslosigkeit sind die Familien mit kleineren Kindern: Über die Hälfte aller Hartz-IV-Kinder in Berlin sind unter sieben Jahre alt. Viele der Mütter können nach den Kindererziehungsjahren keine Arbeit finden, weil sie schon vor den Schwangerschaften keine festen Arbeitsverhältnisse hatten. Im besonderen Maße gilt das für Mütter ausländischer Herkunft. Allerdings gibt es keine belastbaren Zahlen für diese Bevölkerungsgruppe, da die Kinder bei der Geburt zunächst meist die doppelte Staatsbürgerschaft haben.

Wie brisant die Einkommensverhältnisse der Familien in Berlin sind, zeigt sich auch daran, dass rund zwei Drittel von ihnen nur den Mindestsatz für die Kindertagesstätten zahlen. Rund 40 Prozent der Berliner Kinder müssen zudem keine Schulbücher kaufen, weil die Eltern nur geringe oder keine Einkünfte haben.

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