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Kommentar: Beinfreiheit für Wowereit

Klaus Wowereit (SPD) ist seinen Amtskollegen in den anderen Bundesländern 14 Zentimeter voraus. Der Regierende Bürgermeister fährt seit neuestem einen extralangen Dienstwagen. Rot-Rot hält das aus, denkt Wowereit wohl.

Der gepanzerte BMW 750 Li, den es auch in einer 14 Zentimeter kürzeren Variante gibt, wird sonst vor allem in China geschätzt. BMW verkauft die Luxuslimousine (Gesamtlänge: 5,21 Meter) an die Neureichen der Volksrepublik, die morgens gerne ein bisschen Beinfreiheit haben, wenn sie in Peking oder Schanghai im Stau stehen. Auf den Berliner Dienstwegen macht sich das 407-PS-Schiff, das 266 Gramm Kohlendioxid (CO2) pro Kilometer ausstößt, nicht so gut, wie die Deutsche Umwelthilfe (DUH) findet.

Seit fünf Jahren nimmt die Organisation Dienstwagenflotten der Bundes- und Landesregierungen unter die Lupe. Nicht nur Wowereit fiel dabei dieses Jahr durch, auch die meisten anderen Spitzenpolitiker hängen noch an ihren spritschluckenden „Status-Insignien“. Letzter Platz bei den Ministerpräsidenten: Hessens Volker Bouffier (CDU) mit einem VW Phaeton (348 Gramm).

Wowereits CO2-Bilanz ist freilich mehrfach bemerkenswert. Erstens, weil der Regierende Berlin zur Hauptstadt der nachhaltigen Fortbewegung machen will – aber trotzdem einen noch größeren Dienstwagen fährt als 2010. Zweitens, weil der neunköpfige Senat insgesamt ziemlich umweltfreundlich unterwegs wäre (153 Gramm!) – wenn Wowereit die Bilanz nicht versauen würde. Und, drittens, weil sich der SPD-Politiker von Katrin Lompscher, der linken Umweltsenatorin, vorführen lässt – sie bläst mit ihrem Toyota Prius zwei Drittel weniger CO2 in die Stadt.

Rot-Rot hält das aus, wird der Regierende denken und sich im Fond des langen Siebeners strecken. Platz genug ist hier, um bei Gelegenheit das Aktionsprogramm aufzuschlagen, mit dem Berlin 100.000 Elektroautos auf die Straße bringen will, damit die Welt 2020 wieder auf diese Stadt schaue. Im Vorwort schreibt Klaus Wowereit: „Sichtbarer und erfahrbarer Nutzen schafft Akzeptanz, Nachfrage und Märkte.“

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