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Konjunktur: Wowereit will die Wirtschaft stärker lenken

Die Krise erfordert mehr staatliche Eingriffe bei Unternehmen und am Finanzmarkt, sagt der Regierende. Das verärgert die Liberalen.

Klaus Wowereit hat angesichts der weltweiten Krise stärkere staatliche Eingriffe in Wirtschaft und Finanzmärkte gefordert. Der Regierende Bürgermeister forderte am Freitag „ein grundsätzliches Überdenken staatlichen Handelns in Finanz- und Wirtschaftspolitik“. Auch müsse über „neue Formen der Regulierung“ diskutiert werden. Das sagte Wowereit am Freitag bei der Eröffnung der Bundeskonferenz der Arbeiterwohlfahrt in Berlin, teilte die Senatskanzlei mit.

In der SPD spricht Wowereit damit vielen aus dem Herzen. „Wir sehen uns durch die Krise in unserer Einschätzung der Bedeutung des Staates bestätigt“, sagte der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD im Abgeordnetenhaus, Frank Jahnke: „Der Staat ist die einzige Institution, auf die man dauerhaft bauen kann.“ Angesichts der aktuellen Krise sei es höchste Zeit, „die Mechanismen zu stärken, die den Staat ausmachen“, also die Grundversorgung mit für alle Bürger wichtigen Leistungen sicherzustellen. So sei der Rückzug von der Bahn-Privatisierung ein richtiger Schritt gewesen, sagte Jahnke. Auch die Absage an öffentlich-private Partnerschaften bei öffentlichen Aufgaben etwa im Schulbereich oder beim Betrieb von Gefängnissen gehöre dazu.

Andere Wirtschaftspolitiker in der SPD warnen jedoch davor, jetzt mit zu vielen staatlichen Eingriffen den Unternehmern das Leben schwer zu machen. „In den Finanzmärkten muss es Regulierungen geben, das zeigt der aktuelle Scherbenhaufen deutlich – aber wir dürfen jetzt nicht die bürokratischen Maßnahmen für die ganze Wirtschaft noch verschärfen“, sagte Jörg Stroedter, Vorsitzender des SPD-Arbeitskreises Wirtschaft. In der Finanzkrise hätten die Banken offenbar viel zu riskante Produkte angeboten. „Das zeigt, wir brauchen eine stärkere Regulierung im Finanzmarkt.“ In anderen Wirtschaftsbereichen sollte der Staat aber nur eingreifen, „wo es der Markt nicht alleine regelt“, so bei der Sicherung eines Mindestlohns.

Heftige Kritik provozierte der Regierende Bürgermeister bei den Liberalen. „Wowereit hat keine Ahnung von Ordnungspolitik“, sagte Volker Thiel, wirtschaftspolitischer Sprecher der FDP im Abgeordnetenhaus. Auch vor dem Hintergrund der aktuellen Krise sei „eine Deregulierung der Wirtschaftspolitik nach wie vor zwingend nötig“, sagte Thiel. Generell müsse der freie Wettbewerb auf dem Wirtschaftsmarkt verteidigt werden. Zugleich wies er darauf hin, dass der Finanzmarkt aus FDP-Sicht „immer reguliert war und reguliert bleiben muss“. Jenseits dieser auch aus liberaler Sicht „notwendigen Finanzmarktregulierung“ die Wirtschaft als Ganzes stärker staatlich kontrollieren oder unterstützen zu wollen, sei aber „bar jeder Vernunft“.

Als schlechtes Beispiel nannte Thiel die Autoindustrie: „Die Unternehmen nutzen die Krise als Vorwand, um die eigene Unfähigkeit vom Steuerzahler bezahlen zu lassen.“ Aus Sicht der Liberalen braucht die Wirtschaft nicht mehr staatliche Einflussnahme, sondern eine „vernünftige Steuerreform“, um für die Krise gewappnet zu sein. Lars von Törne

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