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© Foto DAVIDS/Radke

Kreuzberg-Friedrichshain: Grünes Reservat für verdrossene Sozialdemokraten

In Kreuzberg-Friedrichshain erhalten die Grünen ein immer stärkeres Gewicht. Nun wechselt schon der dritte SPD-Bezirksverordnete zu den Grünen – auch wegen Mediaspree.

Die Kräfteverhältnisse in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) von Kreuzberg-Friedrichshain verschieben sich immer stärker zugunsten der Grünen. Den Zuwachs verdankt die Partei nicht etwa Wahlen, sondern nun schon zum dritten Mal in dieser Legislaturperiode der SPD: Dimitrios Goumagias, früher stellvertretender Fraktionschef und baupolitischer Sprecher, hat das Lager gewechselt. Nach dem Kreuzberger SPD-Verordneten Ersin Uluç und Canan Bayram aus Friedrichshain ist er der dritte sozialdemokratische „Überläufer“. Ein Jahr zuvor wechselte ein WASG- Mitglied zu den Grünen. Diese erwägen nun, die Ausschüsse im Bezirk den neuen Machtverhältnissen folgend neu zu besetzen.

Leicht hat sich Dimitrios Goumagias, der seit 1977 in Berlin lebt und deutscher Staatsbürger ist, die Entscheidung nicht gemacht: „Man wechselt die Partei nicht wie ein Hemd, aber man kann keine Politik machen in einer Partei, der es nur um Macht geht“, sagt er. Sein Zerwürfnis mit der SPD begründet er inhaltlich mit der unklaren Position bei der Bebauung des Mediaspreeareals. Aber auch die Pläne der Sozialdemokraten für eine neue teure Kunsthalle teilt er nicht. Die zeitgenössische Kunst könne stattdessen in den Kreuzberger Blumengroßmarkt ziehen, meint Goumagias. Das sei in der Haushaltsnotlage ein besserer Standort. Goumagias nennt ferner bundespolitische Entscheidungen wie die Rente mit 67 oder die Mehrwertsteuererhöhung falsch.

Völlig überrascht von der Entscheidung gibt sich der Fraktionschef der SPD in Kreuzberg, Andy Heimke – „zumal ich inhaltlich keine große Schnittmengen zwischen Herrn Goumagias und den Grünen erkennen kann“. Jahrelang habe er mit Goumagias „sehr eng und kollegial zusammengearbeitet“. Verärgert ist Heimke darüber, dass der dritte Übertritt eines Sozialdemokraten mit Migrationshintergrund zu den Grünen als Problem der Partei mit Migranten stilisiert werde. Dabei habe Goumagias’ Nachrücker, Ahmad Ohadi, selbst einen persischen Hintergrund.

Erfreut zeigen sich dagegen die Grünen. Fraktionschefin Antje Kapek stellt aber klar: „Es gab keine Abwerbungsversuche! Goumagias hatte bei seinem Wechsel mehrere Optionen“. Kapek schätzt das neue Mitglied als „denjenigen aus der SPD, der fachpolitische Arbeit machen wollte“. Andere SPD-Verordnete seien eher damit beschäftigt, „wie sie der eigenen Senatorin Ingeborg Junge-Reyer schaden können“, sagt Kapek.

Die Grünen wollen nun prüfen, ob sie beim Ältestenrat eine Neuberechnung der Sitzverteilung in den Ausschüssen beantragen wollen. Mit ihren neuen Verordneten hat die Fraktion nominell ein Drittel mehr Stimmanteile in der BVV. „Wir werden uns am Montag die Berechnung ansehen und schauen, ob sich der Streit lohnt“, kündigte die Grünen-Fraktionschefin an.

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