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Landesparteitag: Angela Merkel: Zeit für ein starke Hauptstadt-CDU

UPDATE Bundeskanzlerin Angela Merkel war zu Gast beim Landesparteitag der Berliner CDU und verbreitete Zuversicht: "Sie können das, Sie werden das schaffen". Es sei Zeit für eine richtig starke Hauptstadt-CDU.

Der Mann da oben auf dem Podium ist ganz bei sich. Frank Henkel, alter und neuer Landeschef der CDU, hat den viel zitierten Aufbruch der Berliner CDU heraus aus der Zeit regelmäßiger Führungskrisen organisiert - und dafür auf dem Landesparteitag der Berliner CDU am Sonnabend im Estrel-Hotel hohe Anerkennung gefunden. Im November war Henkel von einem so genannten kleinen Landesparteitag ins Amt gehoben worden. Jetzt hat er das Mandat zum Weitermachen von 271 der 306 Delegierten des CDU-Landesparteitags an diesem Sonnabend. Das sind mehr als 90 Prozent. Generalsekretär Bernd Krömer kam auf 80 Prozent der Stimmen. Der Aufbruch, das kann man wohl sagen, ist geschafft.

Dass die Berlin CDU ihre Selbstzerstörungsphase einstweilen beendet hat - diesen Eindruck soll auch die CDU-Bundesvorsitzenden und Bundeskanzlerin Angela Merkel in jüngster Zeit gewonnen haben. Deshalb besuchte sie ihre Berliner Parteifreunde. Vor drei Jahren, sagte sie zu Beginn ihrer Rede, habe sie zuletzt einen Berliner CDU-Parteitag besucht. Da habe es überall im Saal "gekribbelt " - wenn man ein Gespür für diei Parteiseele habe, "wusste man, was das los ist", sagte Merkel. Das war eine Anspielung auf eine der zahlreichen Personal- und Führungskrisen der Jahre nach 2001.

Merkel: Pro Reli Termin ist Trickserei

Jetzt aber spürte Merkel offenbar neue Zuversicht. Es werde Zeit für eine richtig starke Hauptstadt-CDU - "Sie können das, Sie werden das schaffen." Ein paar böse Worte über Klaus Wowereit, Werbung für Pro Reli, das interessierte Merkel an der Berliner Politik. Dass die Abstimmung nicht gleichzeitig mit der EU-Wahl, sondern schon am 26. April stattfinden soll, nannte Merkel Trickserei. Doch Daten-Trickserei werde dem Senat nichts nutzen, so die CDU-Vorsitzende: "Die Menschen werden sich ihre Stimme verschaffen, und das ist auch gut so." Vor allem aber ging es ihr um die Bundespolitik und um die Finanzkrise. Brav hörten ihre Parteifreunde zu und ließen sich abermals die Krise erklären - endlich bezog sich das Wort Krise mal nicht auf die Berliner CDU.

Zuvor hatte Henkel für seinen neuen Vorstand geworben. Seine künftigen Kollegen soll in den nächsten Stunden gewählt werden. Monika Grütters, die gemeinsam mit ihm den neuen Anfang geschafft und dafür gewoben hat, soll seine "erste" Stellvertreterin werden - ein Amt, das in der Satzung nicht vorgesehen ist. Doch ist die Bundestagsabgeordnete und renommierte Kulturfachfrau schon so oft "erste Stellvertreterin" genannt worden, dass der Titel fast Satzungsrang hat.

Henkel erwähnte in seiner Rede auch die Kreischefs Michael Braun und Frank Steffel, aus Steglitz-Zehlendorf der erste, aus Reinickendorf der zweite: beides starke Männer in der Partei, die Henkel nun im Landesvorstand in die Verantwortung nehmen kann. Weil er darüber hinaus auch Andreas Statzkowski, den Kreischef von Charlottenburg-Wilmersdorf als Schatzmeister in den Vorstand holen will, dürfte Henk el am Ende dieses Wahlparteitags ein großes Problem gelöst haben: Dann sitzen drei wichtige Kreischefs in einem Gremium, das alle vier Wochen tagen und die Parteiarbeit prägen soll. Die informellen Runden aller Kreischefs, die bis zum vergangenen Herbst das eigentliche Führungsgremium in der Parte gewesen sind, wird es wohl nicht mehr geben.

Henkel kann reden, poltern und über Wowereit herziehen

Abgesehen vom partei-internen Sortieren und Führen haben Henkel und Grütters drei interessante neue Mitglieder des Landesvorstands vorschlagen können: Mit im Präsidium soll Thomas Heilmann sitzen, Manager der weltweit arbeitenden Agentur Scholz & Friends. Heilmann soll sich vor allem um die wirtschaftspolitischen Positionen der CDU kümmern. Dass Henkel und Grütters ihn gewinnen konnten, zeigt vor allem eins: Leute, die bislang mit Parteipolitik und der CDU nichts zu tun hatten, interessieren sich plötzlich dafür und lassen sich in die Verantwortung nehmen. Das wäre vor einem halben Jahr noch undenkbar gewesen.

Gleiches gilt für den Rechtsanwalt Burkard (ohne h) Dregger und die Verdi-Funktionärin Elke Hannack. Der eine - Sohn eines berühmten Vaters - sagt von sich, er sei liberal-konservativ, ein Verfechter bürgerlicher Werte. Dregger engagiert sich seit Jahren für die Integrationspolitik. Elke Hannack ist bei Verdi für die Sozialpolitik zuständig. Über sie sagte Henkel, dass ihre Nominierung für als Beisitzerin im Landesvorstand zeige: Die Berliner CDU nimmt die Interessen der Arbeitnehmer wichtig.

In seiner Wiederantritts- und Aufbruchsrede zeigte außerdem Henkel, dass er seinen Parteifreunden direkt ins Herz reden, schön laut poltern und über den Regierenden Bürgermeister herziehen kann. Der Mann mag die Partei, die Partei mag ihn - das war schon in Henkels Zeit als Generalsekretär zu sehen. Er weiß, wie er diese CDU zu nehmen hat, die sich endlich wieder stark genug zum Austeilen und Angreifen fühlt. Klaus Wowereit verhalte sich nicht wie der Bürgermeister einer Weltstadt sondern wie der Häuptling eines gallischen Dorfes. Seine rot-rote Koalition sein ohne Ideen und Anspruch. Wowereit habe schon nach der "Klatsche" von Karlsruhe - der verlorenen Klage auf Bundeshilfen vor dem Verfassungsgericht - gezeigt, dass er vor allem die Hand aufhalten könne. Später aber habe der Senat der geplanten EU-Reform nicht zugestimmt und auch dem Konjunkturpaket II die Zustimmung verweigert. Das sei eine unerträgliche Raffke-Mentalität.

"Jamaika" bleibt eine Option

Schön laut schimpfte Henkel, schön laut applaudierten ihm die Parteifreunde zu seinen Vorstellungen von Berliner CDU-Politik. Arbeit, Bildung, Sicherheit, Integration - natürlich gehöre es sich, dass auf Berliner Schulhöfen deutsch gesprochen werde - das sagt Henkel mit wumm, das wollen die Leute hören - und schrecken wird Henkel damit das bürgerliche Berlin gewiss nicht.

So wenig wie mit "Jamaika", dem Projekt seines Vorgängers als Fraktionschef, Friedbert Pflüger. Man müsse sehen, wie sich die Grünen entwickelten, sagte Henkel: ob mehr nach links - oder zur CDU "in die bürgerliche Mitte". Immerhin sei ein Teil der grünen Anhängerschaft CDU-Wählerpotential, etwas im Berliner Südwesten oder in Prenzlauer Berg.

Es ist Mode geworden auf Parteitagen, dem Vormann stehend zu applaudieren. Henkel nahm den Jubel der 306 Delegierten in sich ruhend, lachend, sich freuend entgegen: ganz bei sich. Die Wahl wäre eigentlich nicht nötig gewesen.

Nach Henkels Wahl war man sich einig im und um den Versammlungssaal, in dem die CDU ihr neues Motto "Hauptsache Berlin" promotete: Das hier kann der Anfang von etwas werden. Doch bei aller Zustimmung zu Henkel zeigte sich an den Wahlen seiner Stellvertreter, dass die Berliner CDU nicht euphorisch geworden ist an diesem Sonnabend. Monika Grütters wurde mit fast 70 Prozent der Stimmen gewählt - das ist für die Frau, die sich an Henkels Aufräumarbeiten von Anfang an beteiligt hat, kein riesiges Kompliment. Frank Steffel und Michael Braun bekamen 64 und 66 Prozent und hatten damit keine Gründe zum Jubeln. Dabei waren die Delegierten durchaus zu Sympathiebekundungen bereit: Thomas Heilmann, der Werbe-Manager, der jetzt ein bisschen politische Aufbauhilfe leisten will, bekam dafür einen Starter-Bonus an Zustimmung: 90 Prozent der Delegierten wollen den Seiteneinsteiger.

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