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Nach gutem Wahlergebnis: Muskelspiele in der erstarkten CDU

Die Berliner Union will auf ihrem guten Wahlergebnis Karrieren aufbauen – und wünscht sich eine größere Bedeutung innerhalb der Bundestagsfraktion.

Die stärkste Partei fühlt sich gar nicht so stark. In der Berliner CDU wirkt die Freude über das Bundestagswahlergebnis ein wenig verhalten, auch wenn es Vorstandsmitglieder gibt, die jetzt ganz euphorisch sind. Schon zum zweiten Mal liegt die CDU nach einer Wahl vor der Regierungs- und Wowereitpartei SPD, 22,8 Prozent vor 20,2 Prozent – das erscheint den Strategen in der Partei als gutes, aber nicht beglückendes Ergebnis. Wichtiger noch als die Summe des Erffolgs sind zwei Wahlkreisergebnisse. Sie erklären nämlich, warum unterhalb der Freude einige Spannungen in der Union wahrzunehmen sind.

Da ist zunächst mal Monika Grütters. Die Spitzenkandidatin auf der Landesliste hat es wieder in den Bundestag geschafft – im Gegensatz zu ihrem alten Widersacher Ingo Schmitt, der in Charlottenburg-Wilmersdorf als Direktbewerber gescheitert ist. Schmitt und Grütters sind einander seit langem in herzlicher Gegnerschaft verbunden – und so kommen manche in dem bundespolitisch nun verwaisten Westbezirk auf die Idee, Grütters könne zurückkommen. „Betreuung“ lautet der polit-offizielle Begriff für Wahlkreispflege auf freiwilliger Basis.

Bei der Wahlkreis-„Betreuung“ geht es nicht allein darum, einen Ansprechpartner in der Bundespolitik zu haben, der vielleicht auch etwas Geld für die Parteiarbeit ausgibt. Würde Grütters in den Wahlkreis zurückkehren, müssten sie sich im zweitgrößten Kreisverband der CDU keine Sorgen um ihre Beziehungen zur Bundespolitik machen. Aber es wäre auch so etwas wie eine Ansage in Sachen Wahlkreiskandidatur 2013 – und vor derart langfristigen Festlegungen zucken die zurück, die im Kreis was zu sagen haben.

Wie das so ist in der Politik: Die Wahlurnen sind gerade weggeräumt, da beginnen die ersten parteiinternen Nahkämpfe um Ämter und Plätze auf der Rangliste. Grütters hat als einzige der sechs Berliner Bundestagsabgeordneten einen Ruf als Fachfrau für Kultur und Bildung, sie ist seit dem Pflüger- Schmitt-Führungschaos vom Herbst 2008 die Nummer zwei in der Partei hinter Frank Henkel – da müssen doch die Standesbewussten unter ihren Parteifreunden dafür sorgen, dass sich Grütters in Charlottenburg-Wilmersdorf nicht jetzt schon einen Super-Startplatz für die nächsten Jahre sichert.

Kein Wunder, dass sich auch Kai Wegner, Direktkandidat im Wahlkreis Spandau, und Frank Steffel, Direktkandidat im Wahlkreis Reinickendorf, für die „Betreuung“ von Schmitts ehemaliger politischer Startbasis angeboten haben. Steffels Erfolg in Reinickendorf ist das zweite Wahlkreisergebnis, aus dem man mehr als einen Sitz im Bundestag ableiten kann. Steffel ist der neue Champion unter den Direktbewerbern: Er hat mit 39 Prozent der Stimmen seinen Parteifreund Karl-Georg Wellmann auf Rang zwei verwiesen. Wellmann hatte in der vorigen Legislaturperiode darauf verweisen können, dass er der einzige Wahlkreisgewinner der Berliner CDU war.

Mit Grütters konkurriert Wellmann nun um das Amt des Landesgruppenchefs im Bundestag. Dessen Bedeutung reden alle gern herunter, doch nehmen die Landesgruppenchefs an den Fraktionsvorstandssitzungen teil, und das ist schon was. Richtigen Streit um das Amt gibt es nicht unter den sechs CDU-Abgeordneten, man will die Chefin oder den Chef einstimmig wählen. Doch das Konkurrenzgefühl in der Sache ist hellwach.

Dass es Positionskämpfe geben wird, war wohl auch bei der ersten Landesvorstandssitzung der Berliner CDU nach der Wahl zu spüren. Deshalb fiel manchen Teilnehmern auch besonders auf, wie entschieden, entschlossen und rhetorisch druckvoll Frank Steffel die Richtung vorgab, die die Berliner CDU nun einschlagen soll. Steffel – und das passt zu ihm und zu seinem Wahlkampf – sprach sich dafür aus, dass die CDU sich nun deutlich als Partei der Arbeitnehmer, der „kleinen Leute“ profiliert. Sollte die Union im Bund zusammen mit der FDP wirklich eine Art tiefgefrorenes Reformpaket schnüren, müsse die Berliner CDU rhetorisch dagegenhalten. Stefanie Vogelsang, Neuköllner Bundestagsabgeordnete, sagt es so: Die Berliner CDU sei eben keine wirtschaftsliberale Partei.

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