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Tibetflagge

© dpa

Olympia-Boykott: Opposition: Peking ist keine Reise wert

Klare Ansage: CDU, FDP und Grüne fordern vom Senat, auf Besuch der olympischen Spiele zu verzichten. Im Gegenzug machen sie einen ganz anderen Vorschlag: Die Rathäuser sollen die tibetische Flagge hissen - als Zeichen der Solidarität.

In Berlin bahnt sich ein Konflikt über den Umgang mit den olympischen Spielen in Peking an. Der Senat will eine Delegation unter Führung des Regierenden Bürgermeisters entsenden. Die Oppositionsfraktionen des Abgeordnetenhauses haben hingegen am Dienstag gefordert, dass keine Repräsentanten des Landes Berlin zu den Olympischen Spielen reisen, die vom 8. bis zum 24. August in Peking stattfinden sollen.

In dem Antrag, den die Fraktionen von CDU, Grünen und FDP am Donnerstag ins Abgeordnetenhaus einbringen wollen, wird der Senat außerdem aufgefordert, am 19. und 20. Juni 2008 aus Anlass der Ankunft der olympischen Flamme im tibetischen Lhasa „ein Zeichen der Solidarität mit den Tibetern zu setzen“. Das soll durch das Hissen der Tibet-Flagge an öffentlichen Einrichtungen geschehen – am Roten Rathaus ebenso wie an den Bezirksrathäusern.

Unklar ist, wie die Regierungsfraktionen mit dem Antrag umgehen werden. Beim Streit um eine Reise des Abgeordnetenhauspräsidiums nach Peking zu den Spielen stimmten am vergangenen Donnerstag nur Parlamentspräsident Walter Momper und die Abgeordneten der SPD für die Reiseplanung. Sechs SPD-Abgeordnete setzten sich gegen fünf Vertreter der Oppositionsfraktionen durch. Die Vertreterin der Linksfraktion im Präsidium, Martina Michels, enthielt sich der Stimme. Wie Abgeordnete der Linksfraktion in einer parlamentarischen Debatte mit der Forderung nach symbolischer „Solidarität mit dem Tibetern“ umgehen werden, ist offen.

Der Senat plant derzeit die Reise einer Delegation, die einer Einladung der Partnerstadt Peking folgt. Die Reise soll laut Senatssprecher Richard Meng während der Olympischen Spiele stattfinden. Sie diene aber vor allem der Werbung für die Leichtathletik-Weltmeisterschaft 2009 in Berlin, sagte Meng am gestrigen Dienstag. In Peking finde, so Meng, am Ende der Olympischen Spiele „eine Art Staffelübergabe“ an die Ausrichter der Leichtathletikweltmeisterschaft statt.

Die Einzelheiten der Reise stünden noch nicht ganz fest – es verstehe sich von selbst, dass man die aktuelle Entwicklung im Blick behalte. Der für den Sport zuständige Staatssekretär in der Innenverwaltung, Thomas Härtel, plant jedenfalls eine Reisedauer von etwa einer Woche ein, so die Sprecherin der Innenverwaltung, Nicola Rothermel. Wann genau während der Spiele die Reise stattfinden soll, ist noch offen. Das hänge auch von der Organisation des „Berlin-Abends“ in Peking ab, sagte Rothermel. Härtels Funktion sei vor allem eine „sportpolitische“. Er wolle Gespräche mit Blick auf die Leichtathletik-Weltmeisterschaft 2009 in Berlin führen.

Sollten Wowereit und Härtel als Vertreter des Landes Berlin nach Peking reisen, werden sie dort wohl nicht viele deutsche Politiker treffen. Die Bundesregierung wird wohl durch den auch für den Sport zuständigen Innenminister Wolfgang Schäuble vertreten. Im Innenministerium heißt es, Schäuble werde nicht zur Eröffnung nach Peking fahren, sondern im Verlauf der Wettkämpfe – wenn er deutsche Sportler moralisch unterstützen könne. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat schon vor Beginn der Auseinandersetzung um Tibet und die Menschenrechtsverletzungen der chinesischen Besatzer erklären lassen, sie werde nicht zu den Spielen reisen. Das hätten ihre Vorgänger im Amt auch immer so gehalten.

Eine Umfrage bei verschiedenen Landesregierungen ergab geringes Interesse an Reisen nach Peking. Auch große und wohlhabende Bundesländer werden – bis auf eine Ausnahme – keine Delegationen nach Peking entsenden. Die Ausnahme ist Nordrhein-Westfalen, das einen Regierungsvertreter nach Peking schicken will. Doch der niedersächsischen Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) wird ebenso wenig fahren wie sein für Sport zuständiger Minister Uwe Schünemann. Genauso hält es die CDU-geführte Landesregierung von Baden-Württemberg, die SPD-geführte Landesregierung von Rheinland Pfalz und die SPD-geführte große Koalition in Brandenburg.

In der Landeshauptstadt Potsdam ist es schon länger üblich, aus Solidarität mit Tibet die tibetische Flagge an Amtsgebäuden zu hissen. Zuletzt zog Oberbürgermeister Jann Jakobs selbst am 31. März die Fahne vor dem Stadthaus hoch. Die Stadtverordneten hatten ihn dazu aufgefordert, um der Opfer der Unruhen in Tibet zu gedenken. Potsdam beteiligt sich seit Jahren an der Aktion „Flagge zeigen für Tibet“. Einige hundert deutsche Kommunen erinnern damit jeweils am 10. März an den tibetischen Aufstand von 1959 gegen chinesische Truppen.

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