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Parteitag der Berliner Grünen: Migranten mehr fordern – das finden Fundis herzlos

Am Sonntag treffen sich die Grünen zum Parteitag. Es wird über Integration und Verkehr gestritten.

Von Sabine Beikler

Nach der Krönungszeremonie von Renate Künast zur Berliner Spitzenkandidatin folgt am heutigen Sonntag ein Programmparteitag mit den grünen Kernthemen Klimaschutz, Energie- und Verkehrspolitik. Auch wenn die Partei zurzeit betont geschlossen auftritt: Im Landesverband wird gerade äußerst kontrovers über die Integrationspolitik, über das Fördern und Fordern diskutiert. Und in der Verkehrspolitik gibt es ebenfalls „Klärungsbedarf“, wie es ein Parteimitglied ausdrückte.

Überschrieben ist der Leitantrag zur Verkehrspolitik mit „Grün unterwegs – nachhaltige, gerechte und maßgeschneiderte Mobilität“. Demnach spiele das Auto in der Stadt weiterhin eine dominante Rolle, während Radwege und Bürgersteige nur „ein schmales Dasein“ fristeten. Von Aufenthaltsqualität gebe es „keine Spur“. Deshalb müssten Lärm, Abgase und „Platz greifende Blechhaufen“ auf ein Minimum reduziert werden. Im Antrag werden unter anderem ein neues Verkehrskonzept gefordert, eine Mobilitätskarte für U-Bahn, Leihrad, Car-Sharing und Taxi, mehr Elektromobilität, den Ausbau von Fahrradspuren auf eine Mindestbreite von zwei Metern, bei Magistralen bis zu drei Metern Breite. Geprüft werden soll außerdem die flächendeckende Parkraumbewirtschaftung innerhalb des S-Bahn-Rings. Der Bahnhof Zoo soll wieder Haltepunkt für den Fernverkehr, ein landeseigener S-Bahn-Fuhrpark aufgebaut werden.

Was einige Grüne stört, sind nicht nur inhaltliche Forderungen, sondern vor allem der Duktus: Statt von Autos ist von „Blechhaufen“ die Rede.

Auch über die Integrationspolitik wird gestritten. Künast sagte am Freitagabend, sie erwarte „mehr Ration, weniger Ressentiments“ in der Debatte. Sie fordere von Deutschen und Migranten „gegenseitigen Respekt“, für Probleme seien beide Seiten verantwortlich.

Fördern und Fordern ist die Kernaussage des Antrags „Integration heißt gemeinsam Verantwortung übernehmen“, der vor kurzem von der Fraktionsspitze und anderen Abgeordneten eingebracht wurde. „Unter Berufung auf ihre kulturellen Traditionen oder auf ihre Religion“ würden sich Menschen abschotten, steht darin. Das werde man nicht „zulassen“. Wer in Deutschland aufgewachsen ist, gehöre dazu – mit allen Konsequenzen für Rechte wie für Pflichten. Die Grünen fordern mehr Partizipation für Migranten, aber auch Integration durch Leistung.

Linke und Migrationspolitiker kritisieren, dass der Antrag „zu defizitorientiert“ sei. Es fehle eine „selbstbewusste, handlungsorientierte Politik, die zwar die Herausforderungen klar benennt, sich aber nicht am aktuellen populistischen Diskurs orientiert, der die Gesellschaft in ’Wir und die anderen’ unterteilt“, sagte Ario Ebrahimpour Mirzaie, Sprecher der Bundesarbeitsgemeinschaft Migration.

Defizite sollten wie im Antrag nicht allein auf kulturelle, sondern auf soziale Unterschiede zurückgeführt werden. Parteilinke kritisieren, dass das Fordern im Vordergrund stehe und „Herz, Empathie und Optimismus“ fehle. Die Migrationsarbeitsgruppe im grünen Landesverband hat einen eigenen Antrag zurückgezogen, in dem die Diskriminierung von Muslimen im Vordergrund stand. Einige Aspekte davon seien zwar im Leitantrag eingearbeitet worden, heißt es bei den Linken. Doch sei der Duktus des Antrags „eher stigmatisierend“.

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