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Polizeigesetz: Linke will innerparteiliche Kritiker zähmen

Im innerparteilichen Streit um die Ausdehnung von Polizeibefugnissen fordert die Parteispitze der Berliner Linken von den Kritikern Koalitionsdisziplin. Nach einer Vorstandssitzung sollen die Kritiker ihre Entscheidung noch einmal überdenken.

In dem heute veröffentlichten Beschluss fordert sie alle Mitglieder der Fraktion im Abgeordnetenhaus auf, "ungeachtet fortbestehender legitimer Dissense" im Parlament für das Polizeigesetz (Asog) zu votieren. Der Vorstand reagiert damit auf die anhaltenden Einwände von zwei Parlamentariern, denen der Ausbau der Videoüberwachung zu weit geht. Der Gesetzentwurf soll am Donnerstag nächster Woche beschlossen werden. Rot-Rot hat im Abgeordnetenhaus nur eine knappe Mehrheit.

Innenexperten unterstützen Baba und Weiß

In einer dreistündigen Vorstandssitzung hatten die Abgeordneten Evrim Baba und Mari Weiß, die die Gesetzesänderungen ablehnen, ihre Haltung nochmals deutlich gemacht. Sie kritisieren vor allem, dass die Polizei auf Bilder der BVG nicht mehr nur zur Abwendung terroristischer Gefahren, sondern auch bei anderen Straftaten zurückgreifen kann. Zudem soll die Polizei zur eigenen Sicherheit bei Personenkontrollen aus dem Auto heraus filmen dürfen. Beides geht über die Koalitionsvereinbarungen hinaus.

Auch in dieser Debatte seien ihre Argumente nicht entkräftet oder gar widerlegt worden, sagte Baba heute. Vielmehr habe sie dort viel Unterstützung von Innenexperten der Bundestagsfraktion erhalten. Vor ihrer endgültigen Entscheidung wolle sie aber nochmals gründlich nachdenken, sagte Baba. So werde sie prüfen, was an der Ankündigung dran sei, dass SEK-Beamte "zeitnah" individuell gekennzeichnet werden sollen, um eventuelles Fehlverhalten bei Einsätzen besser ahnden zu können.

Wird das Gesetz doch noch gekippt?

Dagegen hält der Landesvorstand die Neuregelung des Polizeigesetzes für einen "hinnehmbaren Kompromiss", dem die Vertreter der Partei im Innenausschuss auch schon zugestimmt hatten. Die Mehrheitsentscheidung der Fraktion müsse respektiert werden. Dort hatten 15 Abgeordnete dafür votiert. Neben den Gegenstimmen von Baba und Weiß gab es noch drei Enthaltungen. Würde es im Parlament dabei bleiben, wäre das Gesetz gekippt, weil Rot-Rot nicht auf die Unterstützung der Opposition zählen kann. FDP und Grünen geht das Gesetz zu weit, der CDU nicht weit genug.

Eine Koalitionskrise oder gar einen Bruch von Rot-Rot strebe sie nicht an, versicherte Baba. Sie stehe zu dem Regierungsbündnis, aber bei so strittigen Fragen müsse ein Gesetz eben nachgebessert werden. Ihr wäre es ohnehin lieber gewesen, wenn ein Sonder-Parteitag über das Thema entschieden hätte. Einen solchen Weg zur Konfliktlösung hatte die Partei nach der Wahlniederlage 2006 beschlossen.

Einen Sonderparteitag habe die Parteispitze mit ihrem Beschluss bei einer Gegenstimme abgelehnt, sagte Sprecher Thomas Barthel. Allerdings wolle sich der Vorstand künftig intensiver mit Fragen der Bürgerrechte beschäftigen. Zugleich soll sich der Ende November konstituierende Landesausschuss auf seiner ersten Sitzung über den "angemessenen Umgang mit innerparteilichen Konflikten" befassen.

Christina Schultze[ddp]

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