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Eichstädt-Bohlig

© Thilo Rückeis

Pro Reli: Streit um Zeit

In zwei Wochen steht der Pro-Reli-Termin fest. Kritik kommt von der Opposition: Die Koalition ignoriere die Verfassungsvorgabe. Schließlich habe man sich vor Jahren drauf geeinigt, dass Volksentscheide aus Kostengründen auch mit Wahlen zusammengelegt werden können.

Die Auseinandersetzung um den Termin für den Volksentscheid zum Ethik- und Religionsunterricht hat sich erheblich verschärft. CDU, FDP und Grüne werfen der rot-roten Koalition vor, sie halte sich nicht an die Vorgaben der 2006 von allen Parteien im Abgeordnetenhaus beschlossenen Verfassungsreform zu Volksabstimmungen. Damals sei man sich einig gewesen, dass es sinnvoll sei, Volksentscheide schon aus Kostengründen mit anderen Wahlen zusammenzulegen. Nun biete sich zur Europawahl am 7. Juni diese Chance, aber der Senat wolle den 26. April als frühen Termin „durchdrücken“.

Grundsätzlich soll ein Volksentscheid laut Verfassung innerhalb von vier Monaten nach dem Volksbegehren stattfinden. Diese Frist könne aber auf bis zu acht Monate verlängert werden, steht in Artikel 62, „wenn dadurch der Volksentscheid gemeinsam mit Wahlen (...) durchgeführt werden kann“. In einer damals gleichfalls von allen Fraktionen eingebrachten schriftlichen Begründung dieser Ausnahmemöglichkeit heißt es, ein gekoppelter Termin sei kostenschonend, bürgerfreundlicher und verspreche eine höhere Wahlbeteiligung.

Gleichwohl will Rot-Rot die Berliner „wegen des großen Interesses am Thema“ schon sechs Wochen vor der Europawahl abstimmen lassen, ob künftig neben Ethik auch Religion an weiterführenden Schulen als Wahlpflichtfach angeboten wird. Bislang ist der Religionsunterricht dort nur ein freiwilliges Angebot. Doch nach dem Ende Januar erfolgreichen Volksbegehren der Initiative Pro Reli kommt es nun zum Volksentscheid über das von ihr angestrebte Wahlpflichtfach Religion. Noch ist der umstrittene Termin nicht offiziell beschlossen, doch bis zum 24. Februar muss Klarheit herrschen. Denn am heutigen Montag wird das amtliche Endergebnis des Volksbegehrens veröffentlicht, danach hat der Senat laut Gesetz noch 15 Tage Zeit, sich zu entscheiden.

„Pro Reli und Europa sind zwei wichtige, aber total unterschiedliche Themen. Beide würden in einem parallelen Wahlkampf unzureichend zur Geltung kommen,“ sagt SPD-Fraktionsgeschäftsführer Christian Gaebler . Im Übrigen sei die mögliche Gesetzesausnahme nur eine „Kann-Bestimmung.“

CDU und FDP rügen hingegen „die Ignoranz der gesetzlichen Vorgaben“. Mindestens eine Millionen Euro würden so „verschleudert“. Laut Landeswahlleiter kostet ein separater Volksentscheid 1,2 Millionen Euro. Im Verbund mit der Europawahl wäre die Abstimmung erheblich billiger. Die Koalition interessiere aber nur ihr „politisches Kalkül“, sagt CDU-Rechtsexperte Andreas Gram. Sie hoffe auf eine geringere Wahlbeteiligung am früheren Termin und versuche, dies mit „fadenscheinigen Argumenten“ durchzusetzen.

Diese Kritik unterstützen die Grünen, obwohl sie im Gegensatz zur CDU das Ansinnen von Pro-Reli ablehnen. Fraktionschefin Franziska Eichstädt-Bohlig: „Zwischen dem 26. April und dem 7. Juni liegen nur sechs Wochen. Es ist doch Unsinn, wegen dieser kurzen Zeitspanne eine Million Euro in den Sand zu setzen.“ Christoph Stollowsky

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