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Rechnungshof kritisiert: 37 Millionen Euro Steuergeld verschwendet

Der Jahresbericht 2010 des Landesrechnungshofs listet zahlreiche Negativbeispiele für Steuerverschwendung auf. Zudem kritisiert er die zu geringe Kontrolle von Behinderteneinrichtungen.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Wohnheime für geistig oder körperlich behinderte Menschen werden nach Ansicht des Landesrechnungshofs vom Senat zu großzügig finanziert. Und das schon seit vielen Jahren. Es geht um 102 Einrichtungen in Berlin mit über 3000 Plätzen, die vom Senat gefördert werden. Kritisiert werden vor allem die sogenannten Maßnahmepauschalen, die seit 1996 nicht mehr neu kalkuliert worden seien. Es gebe auch keine einheitlichen Kostensätze. „Im Extremfall ist ein Platz in einer Einrichtung um 53 564 Euro jährlich teurer als ein Platz im preiswertesten Heim bei gleichem Hilfebedarf“, steht im neuen Jahresbericht des Rechnungshofs.

Der Jahresbericht 2010 des Landesrechnungshofs enthält Beanstandungen in einer Größenordnung von 37 Millionen Euro. Geprüft wird stichprobenweise, nicht flächendeckend. Die Finanzlage Berlins nannte die neue Rechnungshof-Präsidentin Marion Claßen-Beblo „dramatisch“. Sie forderte den Senat zu einem „strikten Konsolidierungskurs“ auf. Konkrete Sparmaßnahmen müssten zügig festgelegt werden.

Ein sozialer Träger mit einem Behindertenzentrum, das namentlich nicht genannt wird, hat es den Finanzkontrolleuren besonders angetan. Dort überschreiten die Verwaltungskosten je Platz und Betreuungstag die amtlich empfohlene Obergrenze um das Dreifache. Die staatlich subventionierten Ausgaben für eine Parkgärtnerei beruhen ebenfalls auf einer veralteten Kalkulation. Und sie sind ebenfalls überhöht, weil sie sich an der gestiegenen Zahl der Behindertenplätze und nicht am tatsächlichen Aufwand für die Parkpflege orientieren. Für ein weiteres Wohnheim, das 2005 am selben Standort in Betrieb ging, wurden die Umlagen für Verwaltung und Gärtnerei noch einmal hochgerechnet. Auf dem Heimgelände stehen auch Geschäfte, Arztpraxen und ein Hotel, die an den Kosten für Verwaltung und Parklandschaft offenbar nicht beteiligt werden. Dies alles habe von 1996 bis 2008, so der Landesrechnungshof, „zu ungerechtfertigten Mehreinnahmen bis zu vier Millionen Euro geführt“. Die Sozialverwaltung des Senats versprach schon 1999, die Kosten zu prüfen und zu senken. Aber dies wurde nicht weiterverfolgt.

Der Landesrechnungshof findet es auch nicht in Ordnung, dass in den Behindertenheimen im Ostteil Berlins bei der Berechnung der Personalkosten nicht die dort höhere Regelarbeitszeit von 40 Stunden, sondern nur 38,5 Wochenstunden berücksichtigt werden. Auch werden Ausgaben für Ärzte und Therapeuten, die für die Einrichtungen tätig sind, offenbar weitgehend auf Kosten des Landes Berlin und nicht über die Krankenkassen abgerechnet. Die Sozialverwaltung habe dies nur in Einzelfällen überprüft.

Eine einheitliche Kalkulation für die unterschiedlichen Formen der Behindertenbetreuung sollte schon 2002 erfolgen. Diese Musterkalkulation, so der Rechnungshof, „liegt bis heute nicht vor“. Die Sozialbehörde gab zu, dass die Umstellung der Vergütungen an die Träger „langwierig und aufwendig ist“, sagte Sprecherin Anja Wollny. Die Vertragsverhandlungen sind nach Darstellung der Verwaltung „extrem zäh“, teilweise gebe es eine „Blockadehaltung“. Für alle Behindertenheime sollen Anfang 2011 neue Verträge vorliegen, kündigte Wollny an.

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