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Schule: Eltern wollen für Lehrer demonstrieren

Seit Tagen schreiben Eltern Bittbriefe an Bildungssenator Zöllner, in denen sie ihm die schwierige Situation ihrer Kinder schildern und um Weiterbeschäftigung der Klassenlehrer bitten. Zöllner aber kann ihnen nur helfen, wenn er im Haushalt einige zusätzliche Lehrerstellen verankert.

Wenn Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) heute in die Haushaltsverhandlungen geht, sollte er vorher einen Blick in seine Post werfen: Seit Tagen schreiben Eltern Bittbriefe, in denen sie ihm die schwierige Situation ihrer Kinder schildern und um Weiterbeschäftigung der Klassenlehrer bitten. Zöllner aber kann ihnen nur dann helfen, wenn es ihm gelingt, im Haushalt einige zusätzliche Lehrerstellen zu verankern. Sonst müssen die Lehrer gehen. Und dann drohen Proteste zwischen Wannsee und Spandau.

Ein „Desaster“ sei die Personalpolitik, kritisiert Jeanette Heinecke, Elternvertreterin der Spandauer Grundschule am Weinmeisterhorn. Kinder brauchten Beständigkeit: „Ein erneuter Klassenlehrerwechsel wäre für jeden einzelnen Schüler fatal“, sagt die verärgerte Mutter. Am Donnerstag schon wollen sich Eltern und Schüler einem Protestmarsch anderer Schulen anschließen, der um 14 Uhr an der Lynar-Grundschule Richtung Rathaus Spandau startet.

Angefangen hatte das Dilemma vor einem Jahr. Schon damals wurden zu wenig Lehrer eingestellt, so dass es kaum Reserven für Langzeiterkrankte gab. Viele Schulklassen, auch Lernanfänger, mussten sich monatelang mit Vertretungslehrern abfinden, bis in den Winterferien das berühmte Lehrer-Casting erfolgte und knapp 300 Lehrer mit Fristverträgen eingestellt wurden. Seither ist in vielen Schulen Ruhe eingekehrt.

Jetzt beginnt alles von vorn: Die Schüler sollen erneut ihre Klassenlehrer verlieren. Diesmal nicht wegen Dauererkrankung, sondern weil der Bildungssenator überzählige Lehrer aus Brandenburg und aus den Oberschulen im Ost-Teil unterbringen muss, die unbefristete Verträge haben. Die „gecasteten“ Grundschullehrer haben kaum Chancen, weil sie nur Fristverträge haben – egal, wie gut sie mit den Schülern zurechtkommen. Nach Informationen der GEW-Vorsitzenden Rose-Marie Seggelke haben von den knapp 290 Fristbeschäftigten, die im Frühjahr eingestellt wurden, bislang nur rund 40 Vertragsverlängerungen angeboten bekommen.

Die wegfallenden Lehrer reißen große Lücken. So ist aus der Neuköllner Fritz-Karsen-Schulen zu hören, dass die speziell fortgebildete Fachkraft für jahrgangsgemischten Unterricht gehen muss. An der Conrad-Grundschule am Wannsee soll eine zweite Klasse den nach Ansicht der Eltern hervorragend eingearbeiteten Lehrer verlieren – ausgerechnet eine der wenigen männlichen Lehrkräfte, die es an der Grundschule gibt. Auch hier plant die Elternschaft Proteste. Und dann ist da noch die Klasse 5b der Schöneberger Scharmützelsee-Grundschule. Auch ihre Lehrerin soll gehen, obwohl sie nach Elternmeinung gut geeignet wäre, die Kinder auf den Übergang in die Oberschule vorzubereiten. Bevor sie die Klasse übernahm, herrschte 15 Monate lang Wirrwarr wegen erkrankter Lehrer.

Dass Klassen wegen Krankheit dauerhaft ohne Lehrer dastehen, ist keine Seltenheit. Wie Zöllner auf eine Anfrage des grünen Abgeordneten Özcan Mutlu mitteilte, sind allein 2006 344 verbeamtete Lehrer wegen Dienstunfähigkeit ausgeschieden. Noch 2004 waren es nur 254.

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