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Schwarz-grün: In aller Freundlichkeit auf Abstand

Der Grüne Fritz Kuhn besucht den CDU-Mann Frank Steffel auf dem Neujahrsempfang der Christdemokraten in Frohnau. Der Bundespolitiker teilt die bürgerlichen Sorgen der CDU und findet klare Worte zum Flughafen Tempelhof.

So schnell geht das nicht. Mehr als ein Jahr hat es gedauert, bis der Chef der Grünen-Fraktion im Bundestag, Fritz Kuhn, dem Chef der Reinickendorfer CDU, Frank Steffel, den Gefallen tat. Am gestrigen Sonntag war es so weit: Kuhn kam zum Neujahrsempfang der CDU Frohnau und sprach über Grüne und Schwarze. Das hatte Steffel sich schon für den Neujahrsempfang 2007 gewünscht. Damals aber machte der energische CDU-Mann den Fehler, die Einladung Kuhns bekanntzugeben (in dieser Zeitung). Das passte Kuhn nicht. Er ließ Steffel (über diese Zeitung) ausrichten, er habe kein Interesse.

Auch am Sonntag achteten Steffel und Kuhn freundlich, aber entschieden darauf, dass die politischen Beziehungen nicht zu innig wurden. Steffel, der im Berliner Nordwesten die Landes-CDU personifiziert, höhnte zum Aufwärmen gegen den Regierenden Bürgermeister, der „tanzt und kocht und fröhlich ist – mittlerweile schreibt er auch Bücher“. Die Berliner Politik wirkt auf Steffel einfach nur fad, vom Kampf um Tempelhof mal abgesehen. Das mag daran liegen, dass strategische Grübeleien über neue Mehrheiten und Koalitionen in Berlin derzeit nicht aktuell und also nicht interessant sind – auch wenn CDU und Grüne einiges miteinander anfangen können.

Ungefähr so war Kuhns Vortrag vor den 300 Gästen zu verstehen: als Kommentar zur schwarz-grünen Annäherung, die mit Nähe nicht zu verwechseln ist. Kuhn, im eleganten dunklen Anzug, ist seit dem Umzug der Bundesregierung Frohnauer und spricht den bürgerlichen CDU-Freunden aus der Seele, wenn er „als besorgter Vater“ sagt, er mache sich Gedanken, wenn sein Sohn am Wochenende per S-Bahn in die Disko fahre – es müsse Schluss sein mit dem Personalabbau im S-Bahn-Verkehr.

Das sind bürgerliche Sorgen – und wenn einer dafür steht, dass Teile der Grünen sich als Teil des Bürgertums verstehen, dann der Schwabe Kuhn. In der Finanzpolitik sei es nötig, dass weiterhin Schulden abgebaut würden, forderte er. Das sei wie mit der Ökologie: Sonst müssten die Kinder für das zahlen, was ihre Eltern jetzt anrichten. Auch dafür bekam er kräftigen Beifall. Doch, ja, der Mann kam an. Er hatte in seinem grau behaarten Kopf gute Ideen zum Umgang mit den Älteren in einer immer älter werdenden Gesellschaft. Das gefiel auch den Jungen im Saal. Er regte an, über Mindestlöhne zu streiten. Da sind Grüne und manche CDUler nicht weit voneinander weg. Er sprach vom Klima, schloss aus, dass Atomkraft zur Lösung der Klimaproblematik herangezogen werden dürfe – und sagte, dass zumindest in der Berliner CDU dieser Gedanke vorhanden ist.

Das war eine Anspielung auf den Vormann der schwarz-grünen Bewegung, CDU-Fraktionschef Friedbert Pflüger. Der aber ist zurzeit so sehr mit der Rettung des Flughafens Tempelhof befasst, dass die Bemühung um schwarz-grüne Gemeinsamkeiten dahinter zurückbleibt. Mit Tempelhof wollen die Grünen nichts zu tun haben. wvb.

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