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Sozialquote: Berliner Gymnasien sollen mehr Schüler aus armen Familien aufnehmen

Sozialquote fürs Gymnasium: Die Linke in Berlin erwägt eine Quotenregelung, die mehr Kindern aus Hartz-IV-Haushalten den Zugang zum Gymnasium erleichtern soll. Die SPD will dagegen zuerst abwarten, ob sich die soziale Mischung durch die Schulreform verbessert.

Die rot-rote Koalition will die soziale Mischung an den Schulen verbessern, um die Bildungschancen benachteiligter Kinder zu vergrößern. Vertreter der Linkspartei erwägen deshalb eine Quotenregelung, die dieser Klientel den Zugang zu stark nachgefragten Gymnasien und Regionalschulen erleichtern soll. Auch Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) will die soziale Entmischung verringern.

"Man kann nicht hinnehmen, dass die Schulen die soziale Schichtung widerspiegeln", begründet Steffen Zillich, bildungspolitischer Sprecher der Linkspartei, den Vorstoß. Er sieht in der Quote "eine Möglichkeit", um auch leistungsschwächeren Kindern aus Hartz-IV-Familien den Weg in beliebte Gymnasien zu ebnen: Bisher hat man hier nur eine Chance, wenn man gute Noten hat und in der Nähe wohnt.

Unklar ist aber, welche Kriterien angelegt werden könnten, um die soziale Mischung zu erreichen. "Ein Indikator könnte die Lernmittelbefreiung sein", meint Carola Bluhm, die Fraktionsvorsitzende der Linkspartei. Dann würde man nicht nur die Hartz-IV-Kinder erreichen, sondern auch die Kinder, deren Eltern Wohngeld oder andere staatliche Transferleistungen erhalten: Sie alle müssen nicht selbst Schulbücher kaufen. Insgesamt gehören in Berlin über 30 Prozent der Schüler zu dieser Gruppe.

Schülerleistung und familiärer Hintergrund hängen in Berlin eng zusammen

Wie stark in Berlin die Schülerleistung an die Herkunft gekoppelt ist, zeigt sich, wenn man den Anteil der "Lernmittelbefreiten" in den verschiedenen Schularten vergleicht: In den Gymnasien sind sie nur etwa mit zwölf Prozent vertreten, in den Hauptschulen mit über 60 Prozent. Auch das Ergebnis der jüngsten Iglu-Grundschulstudie zeigt: In keinem anderen Bundesland war die Verbindung von Schülerleistung und familiärem Hintergrund so ausgeprägt wie in Berlin.

Das Bestreben, diese Koppelung zu lockern, ist nicht neu. Schon vor zwei Jahren hatte der damalige Vorsitzende der GEW-Schulleitervereinigung, Erhard Laube, empfohlen, Kindern aus sozial schwierigen Stadtteilen zumindest den Zugang zu Gymnasien in bürgerlichen Wohngebieten zu erleichtern. Als Kriterium hatte Laube den Migrationshintergrund genannt. Dieser Vorschlag war damals allerdings nicht aufgegriffen worden. Die Linke-Fraktionschefin Bluhm hält es jetzt für "denkbar", dieses Kriterium zu übernehmen. Allerdings glaubt sie, dass man die wirklich Bedürftigen besser über den Indikator der Lernmittelbefreiung erreicht. Diese Frage sei aber in der Fraktion noch nicht ausdiskutiert.

SPD-Landeschef Michael Müller warnt davor, dass Quoten unter Umständen "willkürlich" seien. Er verweist auf die neue Schulform, die 2010 aus der Fusion von Haupt-, Real- und Gesamtschulen entstehen soll: "Sie wird die soziale Mischung ohnehin verbessern." Die Diskussion über Quoten sei daher "verfrüht".

Quotendiskussion birgt Sprengstoff

Dass eine Quotendiskussion einigen Sprengstoff birgt, weiß auch Bluhm, weshalb sie zur Vorsicht mahnt. Beispielsweise würden Geringverdiener wie Friseurin nicht von der Quote profitieren, solange sie mangels Transferleistungen nicht in den Genuss der Lernmittelbefreiung kämen. Das würde neue Ungerechtigkeiten erzeugen. Zudem fürchtet Bluhm, dass Parallelen zur DDR-Bildungspolitik gezogen werden könnten, als Kindern der Weg aufs Gymnasium teilweise nur deshalb verwehrt wurde, weil die Eltern keine Arbeiter waren.

Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) äußerte sich indirekt zum Quotenvorschlag. Sicher sei, dass das Gesamtpaket, das jetzt im Rahmen der Reform geschnürt werde, "die soziale Segregation verringern muss". In der Frage des Zugangs zum Gymnasium werde es "neben dem Elternwillen ein ganzes Bündel von Vorschlägen für klare Leistungskriterien geben. Dabei muss die Tür für sozial Benachteiligte so weit wie möglich geöffnet werden", sagte er auf Anfrage.

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