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Sozialstaats-Debatte: Berliner FDP steht hinter Westerwelle

Die Berliner Liberalen unterstützen die von Bundeschef Westerwelle angestoßene Debatte über Sozialstaat - und stürzen in den Umfragen ab.

Von Sabine Beikler

Von der Siegesstimmung nach der Bundestagswahl im September ist bei den Berliner Liberalen nichts mehr zu spüren: Die FDP ist nach einer aktuellen Umfrage von 11,5 Prozent auf knapp sechs Prozent abgestürzt. Der FDP-Fraktionschef und designierte Landesvorsitzende Christoph Meyer sieht den Grund dafür in der Wechselwirkung der Bundes- auf die Landespolitik. „Der schwarz-gelbe Koalitionsstart war sehr holperig. Wir hätten die guten Ansätze im Koalitionsvertrag deutlich offensiver vertreten müssen“, sagte Meyer dem Tagesspiegel. Dass FDP-Parteichef und Vizekanzler Guido Westerwelle mehr als offensiv eine Diskussion über einen neuen Sozialstaat, das Verhältnis von Mittelschicht zu Hartz-IV-Empfängern fordert, unterstützt Meyer. „Die Frage ist, was sich die Gesellschaft leisten möchte. Es gibt nicht zu wenig Geld für Transferleistung.“

Außerdem gebe es „ständiges Störfeuer aus der CDU, das gegen die FDP und deren Minister geht“, sagte Meyer. Er kritisierte die Bundeskanzlerin, die in einigen Punkten schweige und „keine Führung“ zeige.

Ein „kleines“ Führungsproblem hat aber die Berliner FDP selbst. Am 19. März sind die Vorstandswahlen angesetzt: Der bisherige Landeschef Markus Löning tritt nicht wieder an, dafür geht Meyer ins Rennen und hat sich als gekonnter Strippenzieher die Mehrheiten der Kreisverbände schon gesichert. Dass im Vorstand künftige „no names“ aus Spandau oder Neukölln mitarbeiten sollen, sehen schon jetzt einige Liberale sehr kritisch. Der aktuelle Fraktionsvorstand neben Klaus-Peter von Lüdeke, die „junge In-Crew“, wie es parteiintern nicht ohne Häme heißt, mit Meyer, Björn Jotzo und Sebastian Czaja habe eine „extreme Binnensicht“, sich zwar in den Bezirken die Mehrheiten gesichert, habe aber keine Führungserfahrung. „Die Kragenweite fehlt, um Wowereit Paroli zu bieten“, sagte ein FDP-Spitzenpolitiker.

Übel nehmen einige Liberale Christoph Meyer auch sein strategisches Agieren: Im April 2008 war Meyer einer der Strippenzieher, die für Löning im Kampf um den Landesvorsitz gegen den Ex-Fraktionschef und jetzigen Bundestagsabgeordneten Martin Lindner die Mehrheiten sicherte. Ein knappes Jahr später organisierte Meyer im Rennen um die Spitzenkandidatur zur Bundestagswahl für Lindner die Mehrheiten mit – Löning fiel durch. Auch wenn Meyer aus eigenem Machtstreben um den Fraktionsvorsitz so agierte: „Das ist Opportunismus ohne Rückgrat“, hört man in der FDP.

Meyer hält der Kritik an der Führungsspitze „Sacharbeit“ entgegen und will die Inhalte stärker landespolitisch ausrichten. Am Wochenende wird sich die Fraktion zu einer Strategieklausurtagung zurückziehen. Der Senat zeige „eklatante Versäumnisse“, so Meyer, in der Arbeitsmarkt-, Wirtschafts- und Bildungspolitik. Die FDP werde ein Programm präsentieren. Dass sie die Grünen stärker in eine von ihr – neben Schwarz-Gelb – präferierte Jamaika-Koalition nach der Abgeordnetenhauswahl 2011 einfangen kann, ist aber unwahrscheinlich.

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