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Stromversorgung: Vergessen: Senat hat kein Energiekonzept

Der Berliner Senat hat sein seit 2007 angekündigtess Gutachten über den realen Strom- und Heizungsbedarf in der Hauptsadt nie vergeben. Die Folge:DieLandesregierung kann Vattenfalls Pläne für den Neubau des Kohlekraftwerks Klingenberg nicht einmal fundiert bewerten.

Wenn der Energieversorger Vattenfall demnächst seine Pläne für den umstrittenen Kraftwerksneubau in Berlin präsentiert, wird die Verwaltung sie nicht fundiert bewerten können. Grund dafür ist ein Versäumnis des Senats: Ein von Umweltsenatorin Katrin Lompscher (Linke) bereits im März 2007 im Parlament angekündigtes „Energiekonzept 2020“ ist auch nach fast zwei Jahren noch nicht einmal in Auftrag gegeben worden. Dabei sollte das Gutachten dem Senat einen Überblick über den realen Strom- und Heizungsbedarf der Stadt verschaffen.

Auf dieser Basis hätte die Landesregierung Vattenfalls Pläne für den Neubau des Kraftwerks Klingenberg beurteilen können – und den Energieversorger mit fundierten Argumenten davon abhalten, mitten in der Stadt ein möglicherweise überdimensioniertes Kohlekraftwerk zu errichten, das die Klimaschutzziele auf Jahrzehnte zunichtemachen und Vattenfall ein Fernwärmemonopol sichern könnte.

Im März will der Energiekonzern seine Pläne vorstellen. „Dann wird wegen der Schlamperei des Senats also Vattenfall die Agenda bestimmen“, sagt Grünen-Energieexperte Michael Schäfer, der sich die Untätigkeit nur mit senatsinternem Dissens erklären kann: Während die Umweltsenatorin klar gegen ein Kohlekraftwerk sei, habe der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) stets betont, dass man sich verschiedene Optionen offenhalten müsse.

Formal muss die Wirtschaftsverwaltung – nach „zustimmender Kenntnisnahme“ durch den Hauptausschuss des Parlaments – das Landeskonzept bestellen. Auch Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linke) hat sich bereits im Juli 2007 gegen die ursprünglichen Vattenfall- Pläne ausgesprochen und erklärt, er und Lompscher „arbeiten mit allen Beteiligten“ an einem „Energiekonzept mit machbaren Alternativen“. Damit waren sowohl Einsparungen als auch dezentrale Versorgungstechnik gemeint. Jetzt heißt es aus Wolfs Verwaltung, dass die Berliner Energieagentur das Konzept zurzeit vorbereite – und dann größtenteils selbst erstellen soll. An der Agentur sind die Gasag und Vattenfall mit je 25 Prozent beteiligt. „Seltsam“ findet es der Grüne Schäfer, „dass der Auftrag direkt an die Energieagentur geht. Würde er ausgeschrieben, könnten sich auch Forschungsinstitute bewerben, die nicht zum Teil Vattenfall gehören.“ Stefan Jacobs

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