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Im wahren Leben. Senator Ulrich Nußbaum im Eliashof. Das Jugendkulturzentrum mit neuer Grundschule war seine letzte Station auf der Tour durch Pankow.

© Davids/Darmer

Tour durch Pankow: Mit Nußbaum muss gerechnet werden

Der Finanzsenator besuchte ein Pankower Stadtteilzentrum – und brachte seine Gastgeber ins Schwitzen. Ulrich Nußbaum ist unterwegs in Pankow, um das wahre Leben im Bezirk kennenzulernen.

Im Pankower Stadtteilzentrum in der Schönholzer Straße gibt es viele freundlich beige gestrichene Begegnungs-, Gruppen- und Bewegungsräume mit hellen Ikea-Tischen sowie einen grünen Hinterhof mit schickem Spielplatz. Aber irgendwie fehlen an diesem Donnerstagvormittag die Menschen, die all das nutzen. Vorher waren schon zwei Kindergruppen sowie einige Mütter und Rentner da, aber jetzt steht Finanzsenator Ulrich Nußbaum ziemlich allein hier. Er schaut sich mit wachen Augen um, blickt aus jedem Fenster und hört dabei aufmerksam den Ausführungen von Hausherr Thomas Daebel zu. Der Geschäftsführer des Trägers „Bürgerhaus e.V.“ spricht atemlos über Integrationskinder, das Senioreninternetcafé und den Stadtteilzentrumfolgevertrag und Hilfe zur Selbsthilfe – bis ihn der Senator unterbricht: „Jetzt sagen Sie mal konkret: Was kann ich erwarten, wenn ich hier reinkomme?“ Also: Zum Beispiel einen Tipp, wo der nächste Kegelverein ist oder die Alkoholikergruppe, der Debattierclub oder der Yogakurs. Wobei manches davon auch hier im Haus angeboten und anderes auf Wunsch organisiert wird.

Nußbaum nickt, aber er sieht skeptisch aus. Der SPD-nahe Senator ist wie üblich im Anzug mit feinem Einstecktuch gekommen, aber erkennbar nicht als Grüßaugust. Er ist auf Tour durch Pankow, um das wahre Leben im Bezirk kennenzulernen. Das zeichnet sich nach Auskunft des mitgereisten Bezirksbürgermeisters Matthias Köhne (SPD) durch gewisse Luxusprobleme aus, die sich durch Zuzug, Babyboom und die wenig fördergeldbedürftige Sozialstruktur ergeben. Später am Tag wird Nußbaum noch die längst nicht fertige Baustelle einer Grundschule sehen, die in sechs Wochen wiedereröffnet werden soll, ja muss, um die vielen Kinder von Prenzlauer Berg unterzubringen. „Die Finanzverwaltung sitzt ja wie eine Spinne im Netz“, beschreibt er seine Intention. „Wir kennen die Stadt aus Zahlen – aber das Leben besteht ja nicht nur aus Zahlen.“ Sondern eben auch aus Räumen, die er als Unternehmer „immer eher als Kostenfaktor“ betrachte. Aber er lerne, dass eine Stadt auch Räume brauche. Zumal multifunktionale wie hier, wo die Rentner aus dem Internetcafé mit den allzu jungen Müttern in Beratungsstelle und Hof ins Gespräch kommen können.

Jetzt sitzt Nußbaum mit den Betreibern des Hauses unterm Sonnenschirm. Er hat eine Runde Kaffee spendiert und lässt sich die komplizierte Finanzierung der drei im Haus ansässigen Vereine erklären. Das Geld komme von Senat, EU und eigenen Einnahmen, die Planungssicherheit sei durch die Nichtverlängerung von Verträgen mit den Wohlfahrtsverbänden nach der Maserati-Affäre dahin. Sie empfinden das hier als Kollektivhaftung und betonen, sie würden sehr genau kontrolliert. „Wer kontrolliert Sie?“, hakt Nußbaum sofort nach.

„Ich habe Sie nicht quälen wollen“, sagt er vor dem Abschied und betont, das hier sei kein Kontrollbesuch gewesen, sondern ein Kennenlernen. Der Kontakt befördere die Transparenz und die baue wiederum Misstrauen ab. Dann muss er weiter, zu der Schulbaustelle. Pankow ist der achte Bezirk, den er besucht.

Als der Senator vom Hof gerollt ist, sieht der Hausherr verschwitzt aus – aber zufrieden. Nußbaums Interesse hat seine Erwartungen übertroffen.

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