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© Uwe Steinert

Übertritt: Reaktionen aus dem Abgeordnetenhaus.

Bilkay Öney will die Partei wechseln und löst damit die unterschiedlichsten Reaktionen aus: Wowereit freut sich über das neue SPD-Mitglied, die Grünen reagieren enttäuscht. Frank Henkel, CDU-Landes- und Fraktionschef zeigt sich besorgt "über den Zustand der Grünen".

Von
  • Sabine Beikler
  • Ulrich Zawatka-Gerlach

Die Mehrheitsverhältnisse im Berliner Abgeordnetenhaus haben sich innerhalb einer Woche erneut verändert, dieses Mal zugunsten der rot-roten Koalition. Die Grünen-Abgeordnete Bilkay Öney verließ am Dienstag überraschend ihre Partei und Fraktion. Sie wird voraussichtlich in die SPD eintreten. Damit kann sich der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) wieder auf drei Stimmen Mehrheit im Abgeordnetenhaus stützen.

„Ich freue mich über jeden, der bei uns mitarbeitet“, kommentierte Wowereit die neue Entwicklung. Der Jubel der Grünen sei in sich zusammengebrochen und der Senat und die Koalition „können in Ruhe weiterarbeiten“. Der SPD-Landes- und Fraktionschef Michael Müller erwartet, dass Öney bald in die SPD und deren Fraktion eintritt. Vor einer Woche war die SPD-Abgeordnete Canan Bayram zu den Grünen gewechselt und hatte damit eine Regierungskrise ausgelöst. Wowereit hatte nur noch eine Stimme Mehrheit im Parlament. Und dies auch nur, weil der Linken-Abgeordnete Carl Wechselberg zwar aus seiner Partei austreten wollte, aber aus Rücksicht auf Rot-Rot Mitglied der Linksfraktion blieb. Auch nach der Verstärkung der SPD-Fraktion durch die ehemals grüne Migrationspolitikerin Öney wird Wechselberg seine Meinung nicht ändern. „Ich bleibe in der Fraktion“, sagte er dem Tagesspiegel.

Öney begründete ihren geplanten Wechsel zur SPD vor allem mit bundespolitischen Erwägungen. Der Austritt Bayrams aus der SPD habe Rot-Rot geschwächt, und dies wenige Monate vor einer Bundestagswahl, die mitten in einer tiefen Wirtschaftskrise stattfinde. Und da gehe es eben um die zentrale Frage, „will man sozialen Abbau oder soziale Gerechtigkeit“, sagte Öney im Tagesspiegel-Interview. Zudem stamme sie aus einer sozialdemokratischen Familie.

Der CDU-Landes- und Fraktionschef Frank Henkel äußerte „große Sorge über den Zustand der Grünen“. Deren Fraktionsvorsitzende seien wohl nicht in der Lage, die Stimmung innerhalb der eigenen Fraktion einzuschätzen. Im Hinblick auf eine Zusammenarbeit innerhalb der Opposition stelle sich die Frage, „wie weit auf die Grünen Verlass ist“. Den FDP-Fraktionschef Christoph Meyer stimmt es bedenklich, „wenn die Abgeordneten zwischen Rot und Grün hin- und herspringen“. Die Grünen müssten sich fragen lassen, ob sie auf rot-rot-grünen Kurs gehen oder Oppositionspolitik gegen Wowereit machen wollten.

Die Grünen waren am Abend um Schadensbegrenzung bemüht. „Mit Bedauern“ nahm Fraktionschef Volker Ratzmann Öneys Entscheidung zur Kenntnis. Offenbar kam ihr Schritt für die Fraktionsspitze aber nicht ganz überraschend. Fraktionschefin Franziska Eichstädt-Bohlig sagte dem Tagesspiegel, dass seit dem Wechsel von Bayram von der SPD zu den Grünen vor einer Woche mit Öney „Gespräche“ geführt worden seien. Ihre Entscheidung habe vorrangig mit „bundespolitischen Gründen“ zu tun. „Auch das gehört zur parlamentarischen Erfahrung“, sagte Eichstädt-Bohlig. Nach den beiden politischen Wechseln sei man nun auf den früheren Status quo zurückgekehrt und werde weiterhin den Schwerpunkt auf inhaltliche Politik setzen.

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