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Unterricht: Eine wertvolle Debatte

CDU und FDP wollen Religion als Wahlpflichtfach einführen. SPD und Linke feiern den Erfolg des Pflichtfachs Ethik.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Jamaika warnt Jamaika. „Ein parteipolitisch instrumentalisiertes Volksbegehren wie das zum Flughafen Tempelhof“ dürfe es im Streit um den Ethikunterricht nicht geben, ermahnte der Grünen-Abgeordnete Öczan Mutlu die Kollegen von CDU und FDP im Abgeordnetenhaus. In einer Frage, die die innersten Werteüberzeugungen vieler Menschen berühre, wäre ein knapper Volksentscheid schädlich – unabhängig vom Ergebnis. Auch die SPD-Abgeordnete Felicitas Tesch appellierte gestern in der Aktuellen Stunde des Parlaments an die Organisatoren des Volksbegehrens „Pro Reli“, ihr Vorhaben aufzugeben. Stattdessen sollten alle legalen Möglichkeiten der Kooperation mit den Kirchen und Religionsgemeinschaften ausgeschöpft werden – aber im Rahmen des Schulfachs Ethik, das 2006 ab Klasse 7 an den Berliner Schulen eingeführt wurde.

Die Debatte blieb weitgehend sachlich. Keine Spur von Kirchen- oder Kulturkampf. Die Redner aller Fraktionen betonten, dass niemand dies wolle. Nur der CDU-Mann Sascha Steuer setzte sich von dem Bemühen ab, friedlich miteinander umzugehen – er warf den Linken vor, sie seien in ihrer atheistischen Mission so verblendet, dass die Religion in den Schulen an den Rand gedrängt werde. Steuer plädierte vehement für eine Wertevermittlung jenseits der staatlichen Möglichkeiten. „Werte sind nicht wissenschaftlich begründbar und nicht staatlich zu verordnen.“ Gleichzeitig wandte sich der CDU-Abgeordnete gegen einen „unkontrollierten Islamunterricht“, der nicht an die Berliner Schulen gehöre. Dann aber bot Steuer den Fraktionen von Rot, Rot und Grün an, „mit uns gemeinsam einen neuen Gesetzentwurf zu erarbeiten“.

Mieke Senftleben von der FDP sprang dem Christdemokraten zur Seite. Die Initiative „Pro Reli“ gehe vom Volk aus und die Zustimmung für ihr Anliegen, Religion und Ethik als Wahlpflichtfach gleichberechtigt nebeneinander zu stellen, sei nach wie vor groß. Dagegen sei die neue Initiative „Pro Ethik“ auf dem politischen Reißbrett entstanden. Nicht nur die Grünen, sondern auch SPD und Linke sahen das anders. „Warum sollten wir angesichts der großen Akzeptanz in der Bevölkerung für den Ethikunterricht nicht an unserem erfolgreichen Modell festhalten?“, fragte die SPD-Politikerin Tesch. Der Linken-Abgeordnete Steffen Zillich merkte an, dass der neue Ethikunterricht bereits Wirkung zeige „und das Klima an diesen Schulen sich positiv verändert“. Im übrigen bekannte sich Zillich, wie die Redner von SPD und Grünen, zu einer begrenzten Kooperation im Unterricht mit den Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften.

Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD), der Religion als Wahlpflichtfach aus Rheinland-Pfalz noch kennt, plädierte gestern engagiert dafür, „den Berliner Weg weiterzugehen und zu entwickeln“. Die Schüler hätten das Fach Ethik gut angenommen, das ein Beitrag für gegenseitige Akzeptanz und Dialogfähigkeit sei. „Gemeinsame Werte gibt es eben nur, wenn man sich gemeinsam damit beschäftigt – vor dem Hintergrund der eigenen weltanschaulichen oder religiösen Herkunft.“ Ulrich Zawatka-Gerlach

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