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Vattenfall: Kohlekraftwerk könnte für Kunden teuer werden

Steinkohle oder Erdgas? Vattenfall hatte die Frage für seinen geplanten Kraftwerksneubau in Lichtenberg schon fast zugunsten der klimaschädlichen Kohle beantwortet, weil das umweltfreundlichere Gas angeblich zu teuer sei.

Angesichts neuer Rahmenbedingungen könnte sich der Konzern dabei aber verrechnet haben – und würde mit einem Kohlekraftwerk die für hunderttausende Kunden teurere Option wählen.

Der FDP-Abgeordnete Henner Schmidt – als Ingenieur für Verfahrenstechnik ein Fachmann – hat eine Rechnung aufgemacht, die neben den Bau- und Brennstoffkosten auch die für die jeweilige Luftverschmutzung enthält. Der Emissionshandel, der die Unternehmen zum Kauf von Verschmutzungsrechten zwingt, soll ab 2012 EU-weit für die meisten Branchen zwingend werden. Für das von ihnen in die Luft geblasene Kohlendioxid müssen die Unternehmen dann Zertifikate kaufen, die je nach Nachfrage etwa 30 Euro pro Tonne CO2 kosten könnten. Für die Erzeugung einer Kilowattstunde Steinkohlestrom rechnet Schmidt mit 4,4 Cent. Eine Kilowattstunde Strom aus Gas wäre mit 4,8 Cent zwar zunächst teurer, aber: zum Erzeugungspreis kämen (bei 30 Euro pro Tonne CO2) nur 0,8 Cent für die Luftverschmutzung hinzu. Bei Kohle, die mehr als doppelt so viel CO2 freisetzt, wäre dagegen ein Aufschlag von 2,3 Cent fällig, so dass die Kilowattstunde Kohlestrom am Ende 1,1 Cent teurer wäre als die aus Gas. Natürlich entscheiden nicht die Zahlen allein, aber die Tendenz zeigen sie allemal. Daran ändert auch die von Vattenfall in der Lausitz erforschte Technik der CO2-Abscheidung wenig: Für die Beseitigung des Klimakillers aus dem Abgas rechnet die daran beteiligte TU Cottbus mit 1,5 Cent pro Kilowattstunde. Andere Schätzungen reichen bis zu 3 Cent. Davon abgesehen steht in den Sternen, ob diese Technik je funktionieren wird.

Das Parlament tut sich schwer mit einem klaren Signal an Vattenfall: Gestern scheiterte ein geplantes Positionspapier aller fünf Fraktionen gegen das Kohlekraftwerk im Umweltausschuss des Abgeordnetenhauses an der SPD, die noch Beratungsbedarf sieht. Während die Linkspartei als Koalitionspartner Verständnis äußerte, sieht die Opposition vor allem manche SPD-Senatoren als Bremser.

Bei Vattenfall hieß es gestern, die Entscheidung über den Neubau werde wohl nicht mehr in diesem Jahr fallen. Sollte der Konzern letztlich doch auf Kohle setzen, könne ihm das jedoch nicht verboten werden. Stefan Jacobs

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