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Veränderte Baupläne: Bürgerwillen kostet das Land 30 Millionen bei Mediaspree

Infolge des Bürgerentscheids zur Bebauung des Spreeufers verloren Grundstücke landeseigener Firmen durch Umplanung an Wert. Anwohner hatten für mehr Grün und kleinere Gebäude gestimmt.

Die Berliner Stadtreinigung (BSR) hat in ihrem aktuellen Geschäftsbericht 14,6 Millionen Euro abgeschrieben, weil ihre Grundstücke durch die Änderungen der Pläne im Baugebiet „Mediaspree“ an Wert verloren. Auch die Berliner Hafen und Lagerhausgesellschaft (Behala) muss Einbußen hinnehmen aufgrund der Folgen des Bürgerentscheids. Das Landesunternehmen hatte auf einem Grundstück an der Elsenbrücke ein Hochhaus geplant, das Vorhaben wurde auf Druck der Bürger aber gekippt. Statt der 20 Millionen Euro, die ein Verkauf dieser Flächen in die Kassen der Behala gespült hätte, rechnet die Firma nun mit deutlicher weniger als der Hälfte des Verkaufspreises.

„Der Wert des Grundstücks hing mit der enormen Nutzfläche zusammen, die beim Bau eines Hochhauses entsteht“, erklärte Behala-Justiziarin Cornelia Röser. Die landeseigene Gesellschaft besitzt heute noch fünf Areale in bester Wasserlage im Gebiet der Mediaspree. Die Flächen grenzen an die beiden Grundstücke, auf denen heute die Häuser des Modezentrums „Labels“ stehen. Auch bei diesen Flächen könnte eine veränderte Planung die Ergebnisse der Behala schmälern.

Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linke) hatte die Stutzung der hochfliegenden Mediaspree-Pläne im Abgeordnetenhaus eher lakonisch kommentiert: Es könne „wirtschaftlich sinnvoller sein, von einer überdimensionierten Planung, für die sich kein Investor findet, Abstand zu nehmen zugunsten einer realistisch dimensionierten Planung“. Ob sich tatsächlich kein Investor für ein Hochhaus an der Elsenbrücke gefunden hätte, steht aber nicht fest. Der Turm auf der anderen Uferseite, der zu den sogenannten Treptowers gehört, wurde schließlich auch gebaut – für die Allianz-Versicherung.

Ob die Behala-Grundstücke, die neben der ursprünglichen Hochhausfläche liegen, ebenfalls wegen der veränderten Planungen abgewertet werden müssen, ist offen. „Noch ist da niemand auf uns zugekommen“, sagt Justiziarin Cornelia Röser. Das Gebiet zwischen dem Modezentrum Labels und der Elsenbrücke wurde bisher auch noch nicht im „Sonderausschuss Spreeraum“ behandelt, in dem Bürgerdeputierte aus Friedrichshain Kreuzberg mitbestimmen. In dem Gremium wurden nach dem Bürgerentscheid die Korrekturen der Pläne für die Uferbebauungen verhandelt, moderiert vom grünen Bezirksbürgermeister Franz Schulz. FDP-Landeschef Christoph Meyer kritisiert das Verfahren: „Die Beteiligungsgesellschaften des Landes müssen nun Abschreibungen realisieren, weil es dem Senat an politischen Willen mangelte, die Planungen an sich zu ziehen.“ Der Senat hatte wiederholt gedroht, bei zu scharfen Einschnitten das Verfahren an sich zu ziehen. Letztlich kam es aber nicht dazu.

Das Grundstück, dessen Wert die BSR korrigieren musste, liegt an der Holzmarktstraße. Dort verfolgte der Entsorger große Pläne und hatte zu deren Realisierung sogar eine eigene Firma gegründet. Diese sollte die Entwicklung des Baulands und den Verkauf betreiben. Jetzt heißt es im Geschäftsbericht: „Wegen der zu erwartenden Änderung der planungsrechtlichen Situation musste der Grundstückswert im Geschäftsjahr 2009 deutlich abgewertet werden.“

Federn muss auch der landeseigene Liegenschaftsfonds aufgrund des Bürgervotums lassen: Bei einer Ausschreibung hatte das Grundstück, auf dem der Club „Maria am Ostbahnhof“ steht, einen Interessenten gefunden, der 7,5 Millionen Euro zahlen wollte. Nach dem Bürgerentscheid hatte der Bezirk das Bauland zunächst in eine Grünfläche zurückgestuft – und das Grundstück so schlagartig entwertet. Jetzt darf doch gebaut werden, aber weniger als zuvor. „Dadurch liegt der Verkehrswert jetzt bei fünf Millionen Euro“, sagt Liegenschaftsfondschef Holger Lippmann. Auch hier gehen also 2,5 Millionen Euro verloren.

Stefan Sihler, Chef des Mediaspree-Vereins, der Unternehmer und Grundstückseigentümer organisiert, sagte: „Dass es dem Land Berlin weh tun würde, weil viel Geld verloren wird, war klar.“ Andererseits sei es verständlich, dass man bei Flächen wie diesen mit Augenmaß planen müsse – „und nicht in Allem nur dem Mammon folgen kann.“ Der Haushaltsexperte der Bündnisgrünen, Jochen Esser, sagte: „Die Abschreibungen sind nicht nur dem Bürgerentscheid, sondern auch der schlechteren Lage am Markt geschuldet.“

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