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Verschuldete Stadt: CDU rechnet vor: Berlin könnte mehr sparen

Nach der Verpflichtung Berlins zum Abbau der Neuverschuldung wirft die CDU dem Senat Fahrlässigkeit vor und macht eine eigene Rechnung auf.

Die Opposition wirft dem Senat vor, nicht genug für den Abbau des Haushaltsdefizits getan und die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse bislang ignoriert zu haben. „In Berlin wurde fahrlässig gehandelt“, sagte der CDU-Haushaltspolitiker Uwe Goetze dem Tagesspiegel am Sonnabend. Anlass seiner Kritik: Berlin und vier andere Bundesländer verpflichteten sich am Freitag in einer Vereinbarung mit dem Bund dazu, die Neuverschuldung zu senken und ab 2020 gar keine neuen Schulden mehr zu machen.

Nach Ansicht der CDU hat Berlin das bevorstehende Schuldenverbot bislang jedoch ignoriert: Während andere hoch verschuldete Bundesländer ihre Ausgaben weiter reduziert hätten, habe Berlin im aktuellen Doppelhaushalt 2010/11 die Ausgaben gegenüber den Vorjahren in vielen Bereichen angehoben. „Der Senat wollte sich strategisch über die Abgeordnetenhauswahl retten“, sagt Goetze – nach dem Motto: „Nach uns die Sintflut“.

Berlin bekommt wie berichtet vom Bund für die kommenden neun Jahre Hilfen zur Haushaltskonsolidierung in Höhe von 720 Millionen Euro. Die Hilfen sollen es Berlin und weiteren vier verschuldeten Bundesländern ermöglichen, die Schuldenbremse ab dem Jahre 2020 trotz der schwierigen Haushaltssituation einzuhalten. Nach Angaben von Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos) erhält die Hauptstadt jährlich 80 Millionen Euro brutto, wenn der vorgesehene Konsolidierungspfad einhalten werde. Gleichzeitig beteilige sich Berlin mit 20 Millionen Euro an der Hilfe für andere.

Aus Sicht der Opposition hätte der Senat allerdings schon längst mehr Geld einsparen und die Einnahmen steigern können, um Berlins Finanzen zu verbessern. So gehen nach Ansicht von CDU-Mann Goetze dem Landeshaushalt derzeit viele Einnahmen dadurch verloren, dass die Finanzämter bis zu 15 Prozent ihres Personals abbauen mussten: „Jeder Fahnder nimmt das Acht- bis Zehnfache seines Gehalts ein“, sagt Goetze. Dies habe das Land ebenso verschenkt wie die Möglichkeit, ausstehende Zahlungen stärker einzufordern, zum Beispiel bei nicht geleisteten Unterhaltszahlungen. Hier könne jeder Bezirk bis zu zehn Millionen Euro im Jahr zusätzlich kassieren. Auch müsse das Land genauer prüfen, ob alle Zuwendungsempfänger – Vereine, Initiativen und Einzelpersonen – wirklich die abgerechneten Leistungen erbrächten.

Unterm Strich könnten, so die Rechnung der CDU, auf diese Weise jährlich Summen zusammenkommen, die ungefähr den 150 Millionen Euro entsprechen, die das Land nun Jahr für Jahr zusätzlich einsparen muss, um der Vereinbarung mit dem Bund gerecht zu werden. Die seit 2009 im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse verlangt, dass Bundesländer ab 2020 einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen müssen. Im Mai wird der Stabilitätsrat die Finanzsituation Berlins erörtern, der laufend die Haushalte von Bund und Ländern überwacht. Sollte das Gremium eine drohende Haushaltsnotlage feststellen, wird ein Sanierungsverfahren eingeleitet.

Im Berliner Alltag dürfte sich die am Freitag getroffene Vereinbarung allerdings vorerst nicht zusätzlich bemerkbar machen. Der Schuldenabbau ist bereits in die mittelfristige Finanzplanung eingerechnet, sagte die Linken-Haushaltspolitikerin Jutta Matuschek am Sonnabend. Ob und wo in späteren Jahren vielleicht noch zusätzlich Geld gespart werden muss, hänge allerdings von der Entwicklung der Einnahmen und Ausgaben ab, die naturgemäß nicht exakt prognostiziert werden können. „Spannend wird es, wenn die Prognosen sich als nicht haltbar erweisen sollten.“

Unter den Tagesspiegel-Lesern wurde die Konsolidierungsvereinbarung vom Freitag kontrovers diskutiert. „Neuverschuldung auf Null zurückfahren? Wie soll das funktionieren angesichts astronomischer Zinslasten und angesichts festhängender Investitionen?“, fragt ein Leser auf www.tagesspiegel.de. Sein Fazit: „Das ist reines Wunschdenken, das in der Realität nicht haltbar ist.“ Ein anderer Leser hingegen meint: „Berlin kann nicht immer auf Kosten der anderen Bundesländer leben“, die Hauptstadt müsse in Zeiten wie diesen Einschränkungen im Kulturangebot und anderen Bereichen machen. Lars von Törne

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