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Vor dem Volksbegehren: Mehr Werbung für Ethik

Die Gegner von "Pro Reli" wollen verstärkt über die Nachteile eines Wahlpflichtfaches Ethik/Religion aufklären. Derweil hat das Volksbegehren zwei prominente Unterstützer gewonnen: Kanzlerin Merkel und Außenminister Steinmeier unterschrieben.

Nach dem Erfolg des Volksbegehrens "Pro Reli" wollen die Gegner verstärkt für den Erhalt des Pflichtfachs Ethik werben. Der Senat, die Regierungsparteien SPD und Linke sowie die Gewerkschaft GEW werden nach eigenen Angaben darüber aufklären, welche Vorteile sie beim derzeitigen Modell sehen. Dagegen haben die Initiatoren des Volksbegehrens prominente Unterstützung erhalten. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) haben sich mit ihrer Unterschrift für ein Wahlpflichtfach Ethik/Religion eingesetzt.

Der Landesabstimmungsleiter hatte am Mittwoch bekanntgegeben, dass bei dem Volksbegehren bisher mehr als 181 000 gültige Unterschriften für ein Wahlpflichtfach gezählt wurden. Rund 170.000 wären notwendig gewesen. Damit ist der Weg für einen Volksentscheid frei. Bisher wird Religionsunterricht in Berlin nur freiwillig angeboten, während Ethik ein Pflichtfach ist. Die Initiatoren von "Pro Reli" wollen eine Änderung des Schulgesetzes erzwingen, mit der sich die Schüler künftig für eines der Fächer entscheiden müssen. Der Volksentscheid hat zwei Hürden nehmen: Die Mehrheit am Wahltag muss mit Ja stimmen, und das wiederum müssen mindestens 25 Prozent der Wahlberechtigten sein.

Senat und SPD wollen für Ethik werben

"Wir sind überzeugt davon, dass es besser ist, ein Fach für alle anzubieten", sagte am Donnerstag Senatssprecher Richard Meng. Damit erreiche man auch die vielen Schüler, die nicht religiös seien. In welcher Form die Aufklärung laufen soll, ist aber noch nicht entschieden. Das werde konkretisiert, sobald das offizielle Endergebnis vorliege, sagte Meng. Damit wird voraussichtlich Mitte Februar gerechnet. Dann will der Senat auch den Termin für den Volksentscheid festlegen.

SPD-Sprecher Hannes Hönemann hält öffentliche Veranstaltungen für denkbar, um von der eigenen Position zu überzeugen. Auch Anzeigen könnten geschaltet oder Flugblätter verteilt werden. Eine Kampagne werde es jedoch nicht geben. Das Parlament werde sich in der nächsten Woche auf Antrag der Koalition mit dem Thema beschäftigen, kündigte Linksfraktionssprecherin Kathi Seefeld an.

Die Initiatoren des Volksbegehrens freuten sich unterdessen über die Unterstützung durch Merkel und Steinmeier. "Das ist ein weiteres, deutliches Zeichen, dass das Volksbegehren parteiübergreifende Unterstützung erfährt", sagte der Vorsitzende des Trägervereins, Christoph Lehmann. Das sollten auch die Berliner Landespolitiker zur Kenntnis nehmen. Das Berliner Modell, mit dem die Hauptstadt bundesweit einen Sonderweg beschreitet, stößt bei CDU und FDP auf Ablehnung, ist aber auch in der Bundes-SPD umstritten.

GEW-Landeschefin: Religion als Pflichtfach hätte "fatale Folgen"

Die Landeschefin der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Rose-Marie Seggelke warf dem Aktionsbündnis des Volksbegehrens vor, die Bürger über die "fatalen Folgen" getäuscht zu haben. So würde die Einführung von Religion als Pflichtfach in der Grundschule zwei zusätzliche Unterrichtsstunden nach sich ziehen, denn Ethik wird derzeit erst ab der 7. Klasse unterrichtet. Künftig würden beide Fächer dann von der 1. bis zur 13. Klasse gelehrt. Der Humanistische Verband Berlins hat errechnet, dass ein Erfolg von "Pro Reli" den Steuerzahler mit zusätzlichen Kosten von 56,8 Millionen Euro belasten würde. Hinzu kämen noch die Mehraufwendungen für die Ausbildung der Lehrer.

CDU und FDP wollen Volksbegehren am Tag der Europawahl

CDU und FDP forderten den Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) auf, den Bürgerwillen zu respektieren. Das Volksbegehren müsse auch aus Kostengründen parallel zur Europawahl am 7. Juni ausgerichtet werden. Die Befürworter von "Pro Reli" erhoffen sich davon eine höhere Beteiligung. (jnb/ddp)

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