zum Hauptinhalt

Wahlkampf: Grüne: Senat hat kein Geld für Wahlversprechen

Die Berliner Grünen werfen dem Senat schlechten politischen Stil vor. Die vielen Bauvorhaben und Rekommunalisierungspläne seien unrealistisch.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Wenn die Grünen an der Regierung wären, würden sie ebenfalls das ICC und den Steglitzer Kreisel sanieren. Auch die Charité und Vivantes bekämen genug Geld für dringend nötige Investitionen. Der Finanzexperte der Partei, Jochen Esser, hält sogar den Neubau einer Landes- und Zentralbibliothek für eine sinnvolle Sache. „Aber in einer abgespeckten Version.“ Selbst eine Kunsthalle wäre schön, habe aber angesichts der finanziellen Lage Berlins keine Priorität, sagte Esser am Mittwoch.

Dem rot-roten Senat werfen die Grünen vor, viele neue Bauprojekte und Sanierungsvorhaben für die nächsten Jahre anzukündigen, ohne dafür die nötige finanzielle Vorsorge getroffen zu haben. Schon ein oberflächlicher Blick auf die Finanzen Berlins zeige, dass nur ein Bruchteil der Pläne realisiert werden könne. „Der regierende Wahlkämpfer Klaus Wowereit lässt die Dinge bewusst in der Schwebe, um den Berlinern vorzugaukeln, er könne alle Wahlversprechen einlösen“, kritisierte die Grünen-Fraktionschefin Ramona Pop. Das sei kein guter politischer Stil. Trotzdem signalisierte Pop – im Fall einer Regierungsbeteiligung der Grünen nach der Wahl im September – auch in finanzpolitischen Dingen die Bereitschaft zum Konsens.

Hart ins Gericht gehen die Grünen mit den Plänen des Senats für eine Rekommunalisierung von Wasser, Gas und Strom, S-Bahn und Wohnungen. Der Rückkauf der privaten Anteile an den Wasserbetrieben, an Gasag und Vattenfall, der Kauf von 20 000 Wohnungen der Berliner Immobilien Holding (BIH) und die Anschaffung eines neuen Wagenparks für die S-Bahn koste insgesamt mindestens 6,7 Milliarden Euro. Um das zu finanzieren, müsse der Senat „wie eine Heuschrecke vorgehen“, sagte Esser. Also für die Verstaatlichung der Unternehmen und Immobilien Kredite aufnehmen und die Schulden auf das erworbene Unternehmen abwälzen – in der Erwartung, dies aus der Rendite refinanzieren zu können. Bei alledem blieben SPD und Linke eine vernünftige Antwort auf die Frage schuldig, ob die milliardenschwere Rekommunalisierung den Bürgern wirklich einen Nutzen bringe.

Die Grünen wollen sich lieber auf wenige Projekte konzentrieren. Dazu gehört die Gründung eines Klima-Stadtwerks als kommunales Unternehmen. Außerdem die schnelle Ausschreibung des S-Bahnbetriebs und der Aufbau eines landeseigenen Wagenparks. Die Anschaffung der Züge soll das Land vorfinanzieren. Und Objekte des privaten sozialen Wohnungsbaus, die wegen des Stopps der Anschlussförderung pleitegehen, soll das Land kaufen, anstatt hohe Ausfallbürgschaften zu zahlen. Esser sprach sich zusätzlich für den Rückkauf der privatisierten Wohnungsbaugesellschaft GSW aus.

Finanzsenator Ulrich Nußbaum machte am Mittwoch erst einmal Kassensturz für 2010. Im letzten Jahr mussten 1,4 Milliarden Euro neue Kredite aufgenommen werden. Wegen der hohen Steuereinnahmen nur halb so viel wie befürchtet. Für Personal, Bauinvestitionen und Zinsen wurden 372 Millionen Euro weniger ausgegeben als geplant. Aber die Ausgaben für öffentliche Zuschüsse stiegen um 151 Millionen Euro.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false