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WIE STEHT ES IN BERLIN UM DIE VERWALTUNGSREFORM?: Alles aus einer Hand

Die Bürgerämter funktionieren als zentrale Anlaufstellen. Aber die Wirtschaft ist noch unzufrieden

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Die 61 Bürgerämter, also fünf pro Bezirk, sind eine schöne Visitenkarte der Berliner Verwaltung. Von A wie Abmeldung bis Z wie Zeugnisbeglaubigung werden dort kommunale Dienstleistungen angeboten, die persönlich, telefonisch und teilweise über das Internet abgerufen werden können. „Alles aus einer Hand“ lautet die Philosophie. Die Bürger müssen nicht mehr von Pontius zu Pilatus laufen, um Wohngeld zu beantragen, einen Ausweis zu erhalten oder eine Eheschließung vorzubereiten.

Vor 15 Jahren wurde in Weißensee das erste Bürgeramt eröffnet, aber erst 2004 war Berlin flächendeckend ausgestattet. Die Ziele – kompetente Beratung, schnelle Bearbeitung, kurze Wartezeiten und bürgerfreundliche Öffnungszeiten – wurden trotz finanzieller und personeller Engpässe weitgehend erreicht. Es gibt sogar Sprechstunden am Sonnabend. Seit 2004 ist das neu gegründete Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten federführend zuständig für einen möglichst reibungslosen Service.

Was aber nur eingeschränkt funktioniert, ist das sogenannte E-Government. Die Berliner Verwaltung verfügt noch immer nicht über die nötige Technik und Software, um elektronisch signierte Dokumente zu bearbeiten oder selbst zu verbreiten. Zwar ist das Internetangebot der Senats- und Bezirksverwaltungen – ausgehend vom Stadtportal www.berlin.de – aktuell und umfangreich. Aber die Möglichkeit, sich zu informieren, E-Mails zu schicken, Formulare herunterzuladen und zu Hause auszudrucken, erspart in der Regel noch nicht den Weg zum Amt.

Ein gutes Beispiel, wie das E-Government funktionieren kann, ist das bundesweit beliebte Projekt „Elster“, mit dem die Steuererklärung komplett elektronisch erledigt werden kann. In Berlin heißt das große Zukunftsprojekt: virtueller Bürgerdienst. Bis Mitte 2007 soll eine Voruntersuchung klären, welche öffentlichen Dienstleistungen sich für das E-Government in der Hauptstadt eignen.

Seit Mitte der achtziger Jahre gibt es in Berlin umfassende Konzepte für eine wirtschafts- und bürgerfreundliche Modernisierung der zweistufigen Verwaltung. Im April 2003 beschloss der Senat wieder einen Plan, genannt „Neuordnungsagenda“. Dazu gehören: Die Vereinfachung des Landesrechts, die Reform der Jugendhilfe, das E-Government, die Reform der Justiz, gemeinsame Ämter mit Brandenburg, das Immobilienmanagement, digitale Baugenehmigungen, zentrale Anlaufstellen für die Wirtschaft, Bürgerhaushalte oder die stadtweite Suche nach Fundsachen über das Internet.

Nicht nur die Opposition, auch die Regierungsfraktionen wollen zusätzlichen Schwung in die Verwaltungsreform bringen. Ein neues Senatsprogramm muss her, fordern SPD und Linkspartei in einem Parlamentsantrag. Mit Leistungsvergleichen und Benchmarks, Bürokratieabbau, effizienterer Arbeit und mehr Online-Angeboten solle die Landesverwaltung weiterentwickelt werden.

Für den Bürger kaum durchschaubar, aber dennoch wichtig ist die interne Verwaltungsreform. Dazu gehören ein professionelles, kostensparendes Management der öffentlichen Gebäude. Dafür wurde 2003 die landeseigene Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM) gegründet, die ein Immobilienvermögen von drei Millionen Quadratmeter Bruttogeschossfläche verwaltet. Für die Pflege und Vermarktung der Landesgrundstücke ist der Liegenschaftsfonds zuständig. Auch das Beteiligungsmanagement wurde seit 2002 neu geordnet. Das hat sich gelohnt. Die landeseigenen Unternehmen erzielten 2006 einen Rekordüberschuss von einer Milliarde Euro.

Dagegen war der Versuch, in der Landesverwaltung eine Kosten- und Leistungsrechnung flächendeckend einzuführen, nur eingeschränkt erfolgreich. In den Bezirken ist es zwar gelungen, die Kosten kommunaler Leistungen als „Produkte“ zu ermitteln. Auf dieser Grundlage werden den Bezirken feste Budgets für Personal, Sachmittel und Investitionen zur Verfügung gestellt. Aber wie teuer ist politische Planung? Lassen sich die Kosten eines Senatsbeschlusses mit betriebswirtschaftlichen Instrumenten ermitteln? Heute wissen wir: nein.

Von entscheidender Bedeutung für die Qualität der Verwaltung ist die Personalplanung und -entwicklung. Dazu gehören professionelle Auswahlverfahren, Jobrotation, Aus- und Weiterbildung, fähige Führungskräfte, aber auch leistungsgerechte Bezahlung, flexible Arbeitszeiten – und der Stellenabbau. Noch bis Ende der neunziger Jahre war die Berliner Verwaltung personell überbelegt.

Senatsverwaltungen und Bezirke sind insgesamt bürgerfreundlicher, effektiver und schneller geworden. Darin sind sich die meisten Experten einig. Strittig ist aber, ob den privaten Unternehmen tatsächlich überall und jederzeit der rote Teppich ausgerollt wird, wenn sie mit Ansiedlungsbegehren oder Bauanträgen an die Verwaltung herantreten. Immerhin gibt es seit 2003 eine „Zentrale Anlauf- und Koordinierungsstelle“ (ZAK), die mit den Bezirken und Fachbehörden ein enges Netzwerk spinnen soll, um Ansiedlungen und Genehmigungen zu beschleunigen. Trotzdem beschweren sich Wirtschaftsleute immer noch, dass die Berliner Verwaltung nicht mit einer Stimme spreche. Ulrich Zawatka-Gerlach

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