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Preiskorrektur.

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Wohnungsneubau: Senat verschenkt Grundstücke an Wohnungsunternehmen

Finanzsenator Nußbaum einigt sich mit Stadtentwicklungssenator Müller: 14 Immobilien sollen helfen, die Mieten zu senken und werden kostenlos an öffentliche Wohnungsunternehmen vergeben. Der Senat verzichtet auf 20 Millionen Euro.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Die städtischen Wohnungsbaugesellschaften erhalten vom Land Berlin kostenlose Grundstücke, um darauf Wohnungen mit niedrigeren Mieten bauen zu können. Nach wochenlangem Streit haben sich Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD) und Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos) darauf geeinigt. An die sechs öffentlichen Wohnungsunternehmen werden 14 Immobilien, die sie selbst auswählen konnten, als „Sacheinlage“ gratis vergeben. Vorwiegend in Treptow-Köpenick, Pankow und Mitte. Damit ließen sich die Mieten pro Quadratmeter um etwa 80 Cent verringern.

Auf einer Veranstaltung des Vereins Berliner Kaufleute und Industrieller (VBKI) bestätigte Nußbaum am Mittwoch, dass es „keinen Dissens“ mehr mit dem Kollegen Müller über die künftige Liegenschaftspolitik des Senats gebe. Grundstücke des landeseigenen Liegenschaftsfonds würden an die Wohnungsbaugesellschaften für „bestimmte Zielgruppen im Geschosswohnungsbau“ abgegeben. Im Gegenzug müssten sich die Unternehmen beispielsweise vertraglich verpflichten, bestimmte Baukosten und Mietobergrenzen einzuhalten. Diese Rechtssicherheit und Transparenz sei der sozialpolitische Gegenwert für die Subventionierung der Immobilien.

Der gutachterliche Verkehrswert der 14 Grundstücke beträgt zehn Millionen Euro. Der erzielbare Preis bei einer normalen Vergabe dürfte nach Schätzung von Experten aber bei über 20 Millionen Euro liegen. Auf diese Einnahmen verzichtet das Land Berlin – zulasten des Landeshaushalts. Im vergangenen Jahr flossen aus den Verkäufen des Liegenschaftsfonds 124 Millionen Euro in den Berliner Etat. Ein Verzicht auf 20 Millionen Euro wäre demnach eine nennenswerte öffentliche Subventionierung des Wohnungsneubaus, wenn auch mit relativ bescheidenem Effekt zugunsten der Mieter.

Der SPD-Fraktionsgeschäftsführer Torsten Schneider bestätigte, dass die Fraktionsspitzen der Koalitionspartner SPD und CDU dieses Projekt unterstützen. Er sprach von einem „Testlauf“. Dies könne natürlich nur ein Teilaspekt der versprochenen Neuausrichtung der Liegenschaftspolitik in Berlin sein. Schneider appellierte an Müller und Nußbaum, ihren Streit endlich beizulegen. „Auch wenn beide nur ihren Job machen: Der eine will etwas für die Mieter tun, der andere hält den Geldsack zu.“

In Kürze werde der Senat „eine Gesamtmeinung“ präsentieren, kündigte der Finanzsenator an. Eine Sprecherin des Stadtentwicklungssenators Müller bestätigte: "Wir sind auf einem guten Weg." Die SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus will den Konsens für ein neues, sozialverträgliches Liegenschaftskonzept am Dienstag beraten und wohl auch beschließen. Im dritten Anlauf. Das Thema wurde wegen des Konflikts zwischen beiden Senatsmitgliedern zwei Mal vertagt. Einzelne Abgeordnete sprachen von einem „zeitweiligen Kriegszustand“. Der müsse beendet werden, sagte auch der beteiligungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Jörg Stroedter. Die kostenlose Vergabe landeseigener Grundstücke sei der einzige Weg, um beispielsweise für junge Familien, Studierende oder Alleinerziehende bezahlbaren neuen Wohnraum zu schaffen.

Auch der Hauptausschuss des Landesparlaments musste am 25. April den Tagesordnungspunkt „Neuausrichtung der Liegenschaftspolitik“ wegen des senatsinternen Konflikts verschieben. Das Thema wird am 16. Mai erneut aufgerufen. Dann müssen Müller und Nußbaum, ob sie wollen oder nicht, an einem Strang ziehen. Seit 2008 wird im Landesparlament diskutiert, dass der Senat den Umgang mit landeseigenen Grundstücken überdenken soll. Im Juni 2010 wurde der – damals noch rot-rote – Senat aufgefordert, ein neues Konzept vorzulegen. Nicht nur zugunsten der Mieter, sondern auch als Instrument der Wirtschafts- und Kulturförderung, zur Sicherung von Schulstandorten und anderer „sozialer Infrastruktur“ und auch im Interesse des Klimaschutzes.

Aber die Landesregierung spielte immer nur auf Zeit, weil sich die unterschiedlichen Interessen schwer vereinbaren ließen. Bislang standen die fiskalischen Interessen an erster Stelle, denn der Liegenschaftsfonds erzielt durch Immobilienverkäufe jährliche Einnahmen von weit über 100 Millionen Euro, die in den Berliner Haushalt fließen.

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