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Wohnungsunternehmen: GSW-Börsengang spaltet SPD-Fraktion

Der geplante Börsengang des 2004 privatisierten Wohnungsunternehmens GSW stößt auch in der Berliner SPD-Fraktion auf große Vorbehalte. Fast ein Drittel der Abgeordneten lehnt die Pläne ab. Die Parteiführung rechnet trotzdem mit einer eigenen Mehrheit.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

In einer Sondersitzung der SPD-Fraktion sprachen sich am Dienstag 14 Abgeordnete dagegen aus, einem Börsengang des privaten Wohnungsunternehmens GSW zuzustimmen. 33 waren dafür, ein Parlamentarier enthielt sich, mehrere Genossen fehlten. Trotz der vielen Abweichler geht der SPD-Landes- und Fraktionschef Michael Müller davon aus, dass seine Fraktion am 19. April in einer Sondersitzung des Abgeordnetenhauses geschlossen für den Börsengang votiert. "Es wird nichts schief gehen." Es gehe um eine Sachentscheidung, nicht um eine Gewissensfrage. Die Mehrheit stehe.

Dagegen sagten der Spandauer SPD- Kreischef Raed Saleh und der Umweltsprecher Daniel Buchholz nach der Fraktionssitzung, dass sie über ihr Abstimmungsverhalten im Parlament "noch in Ruhe sprechen" wollen. Beide gehören zu den Nein-Sagern. Ihre Entscheidung bleibt vorerst offen, zumal sich der SPD-Landesvorstand am Montagabend (mit acht gegen sieben Stimmen) gegen den Börsengang aussprach. Immerhin repräsentiere der Vorstand die politische Linie der Partei, sagte Saleh.

Nach Ansicht des SPD-Chefs Müller, der im Landesvorstand unterlag, ist die "aufgeregte Debatte" in seiner Partei um den Börsengang der GSW "völlig überflüssig". Schließlich könne das Unternehmen auch ohne Zustimmung des Landes Berlin 50 Prozent der Anteile an die Börse bringen und die übrigen Bestände frei verkaufen. "Dann würde die GSW zerschlagen." 2004 war die ehemals städtische Wohnungsgesellschaft für 401 Millionen Euro an die Finanzinvestoren Cerberus und Whitehall verkauft worden. Mit der Zustimmung von SPD, Linken, CDU und FDP. "Heute würden wir anders entscheiden", sagte Müller.

Auch die Linksfraktion diskutierte gestern über den Börsengang, hatte sich aber schon vor drei Wochen einmütig für eine Zustimmung im Parlament ausgesprochen. "Wir unterstützen den Ergänzungsvertrag, den Finanzsenator Ulrich Nußbaum ausgehandelt hat", sagte die Linken-Abgeordnete Jutta Matuschek. Damit seien die 2004 vertraglich zugesicherten Mieterrechte garantiert. "Nur wenn wir dem neuen Vertrag zustimmen, behalten wir Einfluss auf die GSW." Rot-Rot kann in der Parlamentssitzung am Montag auch mit den Stimmen der FDP-Fraktion rechnen. CDU und Grüne sind dagegen. Es wird auf Antrag der Union eine namentliche Abstimmung geben. Der Vermögensausschuss des Abgeordnetenhauses segnete den Börsengang schon gestern mit rot-rot-gelber Mehrheit ab.

Die CDU kritisierte, dass die Sicherung des Mieterschutzes ungeklärt und die GSW ihren Investitionsverpflichtungen in den letzten fünf Jahren nicht nachgekommen sei. Die Grünen sehen sich in ihrer damaligen Haltung bestätigt, die GSW-Privatisierung abzulehnen. Dies sei ein "wohnungspolitischer Sündenfall" gewesen, sagte der Grünen-Haushälter Jochen Esser. Der heute fehlende Grundbestand an öffentlichen Wohnungen in Berlin begünstige die Bildung sozialer Brennpunkte. Für die Grünen gebe es keinen Grund, "Wowereits Chaostruppe" zu Hilfe zu eilen. Der CDU-Landes- und Fraktionschef Frank Henkel griff den Streit in der Berliner SPD ebenfalls auf. "Es stellt sich die Frage, ob der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit und Finanzsenator Ulrich Nußbaum in der SPD noch mehrheitsfähig sind." Der Senat hatte sich schon Ende März für den Börsengang ausgesprochen.

Der Mieterverein wandte sich mit einem Brief an alle Abgeordneten. Es sei "grundsätzlich falsch, die Bewirtschaftung von Wohnungen den Risiken des Börsenhandels zu unterwerfen". Die GSW rechnet damit, dass ihr mindestens 100 Millionen Euro zufließen, um das Unternehmen "am Wirtschaftsstandort Berlin zu stärken". Das Land Berlin muss dem Börsengang laut Kaufvertrag von 2002 zustimmen, wenn mehr als 50 Prozent der Anteile verkauft werden.

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