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 Dass Gewalt von Lehrern ausgeht, ist an Brandenburgs Schulen wie überall in Deutschland inzwischen eher selten.

© Daniel Karmann/dpa

Landkreis Spree-Neiße: Kontaktverbot für Schulleiter in Forst

Ein Pädagoge soll Kinder geschlagen und getreten haben. Die Staatsanwaltschaft hat ihn angeklagt. Doch er bestreitet die Vorwürfe entschieden.

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Spätestens am heutigen Montag werden alle Eltern und wahrscheinlich auch alle anderen Einwohner von Forst im Landkreis Spree-Neiße wissen, was dem Leiter der Archimedes-Grundschule vorgeworfen wird: Er soll mehrmals Schüler geschlagen oder getreten haben, wirft ihm die Cottbuser Staatsanwaltschaft vor.

Der Schulleiter bestreitet die Vorwürfe entschieden. Dennoch habe er am Freitag eine Erklärung unterschrieben, wonach er mit sofortiger Wirkung keinen Kontakt mehr zu seinen Schülerinnen und Schülern haben wird. Das sei das Ergebnis einer Zusammenkunft zwischen dem Bildungsministerium, dem Staatlichen Schulamt Cottbus und dem Schulleiter, heißt es in einer Mitteilung des brandenburgischen Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport (MBJS). Das will am Montag die Eltern über die Vorgänge informieren und Fragen beantworten.

Davon dürfte es reichlich geben, denn der Fall ist in zweifacher Hinsicht eigentlich unbegreiflich. Zum einen wegen der Vorwürfe an sich. So soll der Schulleiter Mädchen und Jungen mit Schlägen auf den Hinterkopf gezüchtigt haben. Schüler berichteten weiter von einer Backpfeife und einem Tritt ins Gesäß.

Eltern hatten daraufhin Anzeige gegen den Schulleiter erstattet, allerdings – und das ist die zweite Besonderheit dieses Falls – war dies schon im vergangenen Jahr. Der Schulleiter erstattete daraufhin seinerzeit eine Anzeige wegen Verleumdung und eine Selbstanzeige, um die seinen Aussagen zufolge falschen und haltlosen Vorwürfe aufzuklären.

Die Staatsanwaltschaft ermittelte, kam zu dem Schluss, dass die Vorwürfe doch nicht haltlos seien und klagte den Schulleiter wegen Körperverletzung an. Dabei geht es konkret um zwanzig Fälle zwischen 2015 und 2017 mit sieben Kindern als mutmaßliche Opfer. Ob die Anklage bereits seit Mai dieses Jahres beim Cottbuser Amtsgericht liegt, wie eine Zeitung berichtete, oder erst seit Ende Oktober, ist unklar. Zwischenzeitlich sollen aber noch weitere Vorwürfe dazugekommen sein.

Dem Potsdamer Bildungsministerium sind die Vorwürfe seit dem vergangenen Jahr bekannt

Sowohl die Staatsanwaltschaft als auch das Amtsgericht Cottbus klagen über permanente Überlastung, deshalb wird der Prozess gegen den Schulleiter höchstwahrscheinlich frühestens im ersten Quartal 2019 stattfinden.

Dem Bildungsministerium in Potsdam sind die Vorwürfe bereits seit dem vergangenen Jahr bekannt. Man habe zusammen mit der Schulaufsicht den Sachverhalt geprüft, heißt es dort. Dies sei schwierig gewesen, da es widersprüchliche Aussagen gegeben habe. Nachdem das Ministerium die Anklageschrift zur Kenntnis genommen habe, seien weitere vertiefte Prüfungen eingeleitet worden. Das entsprechende Verfahren sei aber noch nicht abgeschlossen.

Die Grundschule, an der sich die Vorfälle ereignet haben sollen, ist in freier Trägerschaft. Der Rektor ist gleichzeitig Lehrer und Trägervertreter. Deswegen war laut Bildungsministerium eine Beurlaubung des Pädagogen anders als an einer staatlichen Schule nicht möglich. Laut Schulporträt besuchen 71 Kinder der Klassenstufen 1 bis 6 die Archimedes-Grundschule. Insgesamt gibt es sieben Lehrer – davon sind abgesehen vom Schulleiter alle weiblich. Die Schule wurde in diesem Jahr zum dritten Mal als Brandenburgs erfolgreichste Grundschule beim Experimentieren ausgezeichnet.

Nach Tagesspiegel-Informationen sind die Eltern gespalten, was die Vorwürfe angeht. Es gebe auch viele, die den Schulleiter verteidigten und das Ganze für eine Intrige hielten, sagte ein Betroffener dem Tagesspiegel.

Dass Gewalt von Lehrern ausgeht, ist an Brandenburgs Schulen wie überall in Deutschland inzwischen eher selten. Zwar haben gewalttätige Vorfälle an Bildungseinrichtungen auch in der Mark insgesamt deutlich zugenommen. So stieg die Zahl der Körperverletzungen von 2016 zu 2017 um 60 auf 748 Fälle und die der gefährlichen und schweren Körperverletzungen schnellte um 44 Prozent auf 185 empor. Allerdings ging es dabei um Gewalt unter Schülern oder – was ebenfalls zunimmt – um Angriffe von Schülern auf Lehrern.

Im Forster Fall war man nach einer Zusammenkunft zwischen dem Beschuldigten, dem Staatlichen Schulamt Cottbus und dem Ministerium am vergangenen Freitag nach monatelangen Prüfungen überein gekommen, den Kontakt des Mannes zu den Kindern mit sofortiger Wirkung zu unterbinden. Nur so – hieß es – sei sichergestellt, dass zu Unterrichtsbeginn nach den Herbstferien „die seelische und körperliche Unversehrtheit der Schülerinnen und Schüler gewahrt ist“.

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